Magnus-Hirschfeld-Gesellschaft e.V. Forschungsstelle zur Geschichte der Sexualwissenschaft

Hildegard Stolle, Konzertsängerin, Pianistin

geb. 12.4.1880 (Meerane, Sachsen) gest. 9.6.1936 (Hagen, Westfalen)

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Die Sängerin Hildegard Stolle, o.J. Foto, Sammlung Wolfert.
Über die Konzertsängerin, Pianistin und Gesangslehrerin „Frl.” Hildegard Stolle liegen heute nur wenige Angaben vor. Als das Wissenschaftlich-humanitäre Komitee (WhK) 1915 ein „patriotisches Weihnachtskonzert“ statt der bis dahin üblichen WhK-Weihnachtsfeiern ausrichtete, gehörte sie neben der Schauspielerin „Frl.” Friedel Stolle und dem Opernsänger und späteren Stummfilmregisseur Alfred Tostary (eig. Alfred Pick, 1872–1942) zu den eingeladenen Gästen, die zusammen mit dem WhK-Mitglied Richard Meienreis das künstlerische Programm aus Gesang und Rezitation gestalteten. Friedel (eigentlich Frieda Auguste) Stolle war ihre jüngere Schwester.

Clara Hildegard Stolle wurde am 12. April 1880 als uneheliches Kind der ledigen Wirtschafterin Henriette Wilhelmine Wege im sächsischen Meerane geboren. Als ihre Mutter 1885 den geschiedenen Musikdirektor Carl Heinrich Stolle (1840–1911) heiratete und er die Vaterschaft von Hildegard und Frieda Stolle anerkannte, fiel auch ihr der Familienname Stolle zu. Carl Heinrich Stolle unterstützte die Sozialdemokratie und war Mitglied der Meeraner Stadtverordnetenversammlung. Von 1889 bis 1901 gehörte er auch der zweiten Kammer des sächsischen Landtags an.

Hildegard Stolle studierte in den 1890er Jahren bei dem Gesangspädagogen August Iffert (1859–1930) am Dresdner Konservatorium und ließ sich hier auch bei Emma Jungnickel zur Konzertpianistin ausbilden. Um 1902 gehörte sie dem Opernhaus in Heilbronn an, und am 5. Dezember 1903 bestritt sie einen Liederabend im Dresdner Trianon, an dem sie unter anderem Lieder von Beethoven, Brahms, Schumann und Richard Strauß aufführte.

1910 wurde Hildegard Stolle für das Koloraturfach an das Marionettentheater Münchener Künstler engagiert, und 1918 wechselte sie von Berlin aus als Hauptlehrerin für Gesang und Deklamation an das Konservatorium in Bielefeld, von wo sie jedoch schon im Folgejahr an das Bergische Konservatorium in Remscheid ging. Zu einem nicht näher bekannten Zeitpunkt unterrichtete sie auch Sologesang, Deklamation und Klavier am Konservatorium in Bromberg (heute Bydgoszcz, Polen). 1920 trat sie in Solingen und 1930 in Hagen auf. Hildegard Stolle verstarb am 9. Juni 1936 im Hagener Marienhospital. Da war sie nach wie vor unverheiratet.

Noch weniger als über Hildegard Stolle ist heute über ihre Schwester Friedel bekannt. Frieda Auguste Stolle wurde am 29. März 1883 ebenfalls unehelich in Meerane geboren und ließ sich zur Schauspielerin ausbilden. 1915 war sie als „Zweite Liebhaberin“ am Stadttheater in Aschaffenburg engagiert, und ab spätestens 1927 wohnte sie in Krefeld. Hier trat sie bis 1939 am Stadttheater auf, wurde dann aber aus möglicherweise politischen Gründen aus dem Ensemble verabschiedet. Sie galt als „Funktionärin“ der SPD. Nach 1949 lebte Friedel Stolle in der DDR. In der Spielzeit 1948/49 hatte sie ein Engagement am Stadttheater in Lutherstadt Wittenberg, bevor sie an die Landesbühnen Sachsen unter dem Intendanten Herbert Krauss wechselte. Offenbar blieb auch sie unverheiratet. Friedel Stolle starb am 12. August 1963 in Weimar.

Eine gemeinsame Schwester von Hildegard und Frieda Stolle war Else Gertrud Stolle (1888–1953), die 1914 den dänischen funktionalistischen Architekten Tyge William Mollerup (1888–1953) heiratete.

Weiterführende Literatur und Quellen

Anonym (1910): Theater und Konzerte, in: Salzburger Chronik für Stadt und Land (Nr. 108), 14.5.1910, S. 7.

Bach, Dr. (1939): Scheidenden Künstlern zum Abschied, in: Niederrheinische Volkszeitung, 30.6.1939 (Nr. 175), S. 2.

Derkowska-Kostkowska, Bogna (2013): Instytuty muzyczne i nauczyciele muzyki w Bydgoszczy od drugiej połowy XIX wieku do 1920 roku. In: Świadkowie kultury muzycznej na Pomorzy i Kujawach, hgg. von. Aleksandra Kłaput-Wiśniewska. Bydgoszcz: Wydawnictwo Uczelniane Akademii Muzycznej im. F. Nowowiejskiego.

Herzer, Manfred (2017): Magnus Hirschfeld und seine Zeit. Berlin/Boston: De Gruyter, S. 266.

Schüngeler, Heinz (1930): Hagener Musikleben, in: Kölnische Zeitung, 17.1.1930 (Nr. 13b), S. 2.