Magnus-Hirschfeld-Gesellschaft e.V. Forschungsstelle zur Geschichte der Sexualwissenschaft

Richard Meienreis, Dr. phil., Musiker und Musikwissenschaftler

geb. 24.6.1865 (Berlin) gest. 6.1.1926 (Berlin)

Zur Biografie

Paul Theodor Richard Meienreis war ein Sohn des Kgl. Bauinspektors Theodor Meienreis. Er besuchte Schulen in Berlin und Görlitz, wohin sein Vater versetzt worden war. Anschließend studierte er – auf Wunsch seines Vormundes, der den früh verstorbenen Vater vertrat – fünf Semester lang Klassische Philologie in Berlin, um anschließend musikalische Studien an der Berliner Universität und der Königlichen Hochschule für Musik zu betreiben. Diese Studien setzte er 1891 am Leipziger Kgl. Konservatorium und der dortigen Universität fort. 1893 wurde er in Leipzig mit einer Arbeit über Adam de la Hale’s Spiel „Robin und Marion“ promoviert.

In Berlin lernte Richard Meienreis Magnus Hirschfeld bereits 1897 kennen und trat dem gerade erst gegründeten Wissenschaftlich-humanitären Komitee (WhK) bei. Für die erste Ausgabe des Jahrbuchs für sexuelle Zwischenstufen (1899) stellte er eine „Bibliographie der Homosexualität“ zusammen (bei der er seinen Namen „bescheiden verschwieg“), und wenige Jahre später verfasste er eine Aufklärungsschrift, die 1906 unter dem Pseudonym „J. E. Meisner” im Verlag von Max Spohr erschien: Uranismus oder sogenannte gleichgeschlechtliche Liebe. Das WhK erkannte ihm dafür das (von anonym gebliebenen „Erfurter Herren“ gestiftete) Preisgeld für „die beste Aufklärungsschrift über das homosexuelle Problem“ zu.

Richard Meienreis wurde 1907 (und erneut 1910) zum Mitglied des WhK-Obmännerkollegiums gewählt. Er blieb dem Komitee bis zu seinem Tod verbunden und war etwa der Komponist des „Freundschaftsliedes“, das – so heißt es in der Zeitschrift Die Freundschaft – auf Tagungen der Obmänner des WhK vorgetragen wurde. Meienreis war mit Ernst Burchard (1876–1920) befreundet und stand in brieflichem Austausch mit dem belgischen Schriftsteller Georges Eekhoud (1854–1927), dessen Roman Escal-Vigor er ins Deutsche übersetzte. In seinem Sterbeeintrag wird Meienreis prosaisch als „Kleinrentner” bezeichnet.

Richard Meienreis übersetzte auch belletristische Werke aus dem Dänischen ins Deutsche, so etwa Otto Martin Møllers „sexualpsychologische Schilderung” Wer kann dafür? (1901) und Søren Kierkegaards Das Tagebuch eines Verführers (1912). Wo Meienreis Dänisch gelernt hatte, ist bislang unbekannt.

Schriften (Auswahl)

Meienreis, Richard (1893): Adam de la Haleʻs Spiel „Robin und Marion“ und des letzteren Stellung in der Entwickelung der dramatischen und musikalischen Kunst, Diss. Leipzig.

Meisner, J. E. [d. i. Richard Meienreis] (1906): Uranismus oder sogenannte gleichgeschlechtliche Liebe. Ein Beitrag zur Aufklärung, Leipzig: Max Spohr.

Weiterführende Literatur

Hergemöller, Bernd-Ulrich. Hrsg. (2010): Mann für Mann. Biographisches Lexikon zur Geschichte von Freundesliebe und mannmännlicher Sexualität im deutschen Sprachraum. Berlin/Münster: Lit, S. 811.

Setz, Wolfram (2016): „Teurer Meister!” Ein Brief von Richard Meienreis an Georges Eekhoud (1913), in: Mitteilungen der Magnus-Hirschfeld-Gesellschaft Nr. 54, S. 42-46.

Wolfert, Raimund (2015): Otto Martin Møllers Nina – ein dänischer „Lesbenroman” aus dem Jahr 1883 und seine deutsche Übersetzung, in: Mitteilungen der Magnus-Hirschfeld-Gesellschaft Nr. 52, S. 10-20.