Magnus-Hirschfeld-Gesellschaft e.V. Forschungsstelle zur Geschichte der Sexualwissenschaft

Hans Ostwald, Schriftsteller

geb. 31.7.1873 (Berlin) gest. 8.2.1940 (Berlin)
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Hans Ostwald: Das Zillebuch, und Zilles Vermächtnis, mit Widmungen an Hirschfeld und Vemerk über den Diebstahl

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Hans (Otto August) Ostwald wuchs als Sohn eines Schmieds in Berlin und Stargard (Pommern, heute Polen) auf. Er absolvierte eine Lehre als Goldschmied, wurde jedoch schon nach kurzer Zeit der Erwerbstätigkeit arbeitslos. In der Folge zog er als wandernder Handwerksbursche und „Landstreicher“ für etwa anderthalb Jahre durch Deutschland, wobei er über seine Erlebnisse Tagebuch führte. Seine Aufzeichnungen bearbeitete er später zu dem Roman Vagabonden (1900), mit dem er einen großen Erfolg feiern konnte. Fortan konnte er bis zu seinem Tod als freier Schriftsteller in Berlin leben.

Hans Ostwald machte sich vor allem als Chronist der „niederen” sozialen Schichten in Deutschland einen Namen. Als populärwissenschaftlicher Autor und Herausgeber war er ungemein produktiv. Von 1904 bis 1908 gab er unter dem Titel „Großstadt-Dokumente“ eine Buchreihe heraus, die insgesamt 51 Bände umfasste. Er arbeitete dabei mit so renommierten Autoren, Fachleuten und Journalisten wie Julius Bab (1880–1955), Max Winter (1870–1937) und Magnus Hirschfeld zusammen. Ostwalds Intention mit der Buchreihe war es, die Kultur „von unten” zu beleuchten.

Hans Ostwald und Magnus Hirschfeld standen nachweislich knapp dreißig Jahre in Kontakt und freundschaftlicher Beziehung zueinander. Hirschfeld steuerte für Ostwalds „Großstadt-Dokumente“ schon sehr früh den Band Berlins Drittes Geschlecht (1904) bei. Die Magnus-Hirschfeld-Gesellschaft konnte in den 1980er Jahren zwei Publikationen Hans Ostwalds über den sozialkritischen Grafiker, Maler und Fotografen Heinrich Zille (1858–1929) mit persönlichen Widmungen an Magnus Hirschfeld antiquarisch erwerben. Diese Bücher waren 1933 bei der Plünderung des Instituts für Sexualwissenschaft gestohlen worden – der Dieb (Fritz Krönker) hat das selbst im Buch dokumentiert. Nach 1933 waren Hans Ostwald nur noch wenige Publikationen möglich.

Hans Ostwald wurde 1907 und 1910 als Obmann des Wissenschaftlich-humanitären Komitees (WhK) genannt.

Schriften (Auswahl)

Ostwald, Hans (1900): Vagabonden. Berlin: Bruno & Paul Cassirer. Neuausgabe 2018 als Ostwald, Hans: Vagabunden. Ein autobiographischer Roman. Berlin: Comino.

Ostwald, Hans (1905): Berliner Tanzlokale (Großstadt-Dokumente, 4). Berlin, Leipzig: Hermann Seemann Nachf.

Ostwald, Hans [1906]: Männliche Prostitution im kaiserlichen Berlin (Das Berliner Dirnentum, 5). Leipzig: Fiedler. Neuausgabe 1991 als Ostwald, Hans: Männliche Prostitution im kaiserlichen Berlin. Berlin: Janssen.

Ostwald, Hans [1928]: Das galante Berlin. Berlin: Klemm.

Ostwald, Hans (1929): Das Zillebuch. Unter Mitarbeit von Heinrich Zille. Berlin: Paul Franke.

Ostwald, Hans (1930): Zille’s Vermächtnis. Unter Mitarbeit von Hans Zille. Berlin: Paul Franke.

Als Herausgeber

Hirschfeld, Magnus (1904): Berlins Drittes Geschlecht (Großstadt-Dokumente, 3). Berlin, Leipzig: Hermann Seemann Nachf.

Weiterführende Literatur

Dose, Ralf (1999): Ostwald, Hans Otto August. In: Neue Deutsche Biographie. Neunzehnter Band Nauwach-Pagel. Berlin: Duncker & Humblot, S. 634-635, Sonderdruck. Online verfügbar hier.

Jazbinsek, Dietmar, Bernward Joerges und Ralf Thies (2001): The Berlin “Großstadt-Dokumente”: A Forgotten Precursor of the Chicago School of Sociology. Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung gGmbH. Berlin (Schriftenreihe der Forschungsgruppe „Metropolenforschung” des Forschungsschwerpunktes Technik-Arbeit-Umwelt am Wissenschaftszentrum für Sozialforschung, FS II 01-502). Online verfügbar hier.

Ostwald, Hans (2014): Dunkle Winkel. Berlin: be.bra verlag.

Ostwald, Hans (2020): Berlin – Anfänge einer Großstadt. Szenen und Reportagen 1904–1908. Hrsg. Thomas Böhm. Berlin: Galiani Verlag.

Thies, Ralf (2006): Ethnograph des Dunklen Berlin. Hans Ostwald und die Großstadt-Dokumente (1904–1908). Köln: Böhlau.