Magnus-Hirschfeld-Gesellschaft e.V. Forschungsstelle zur Geschichte der Sexualwissenschaft

Ralf Dose: Magnus Hirschfeld. Deutscher - Jude - Weltbürger

Mit 16 Abbildungen. 128 Seiten Kartoniert
Teetz: Hentrich & Hentrich 2005
(Jüdische Miniaturen, Bd. 15)
ISBN 3-933471-69-9
9,80 €

Magnus Hirschfeld (1868-1935) stammte aus einer jüdischen Familie, war Sozialdemokrat, Sexualwissenschaftler und Vorkämpfer der Homosexuellenbewegung – ein „streitbarer Wissenschaftler, der Wissenschaft, Humanität und Gerechtigkeit zu verbinden suchte“ (Marita Keilson-Lauritz).

Die Lehre von den „sexuellen Zwischenstufen“ war sein Versuch, den homosexuellen Männern und Frauen ihrem Platz in der Natur und – dadurch – in der Gesellschaft zu geben. Ein aus genauer Beobachtung entstandenes, unerhörtes Konzept, das Geschlechtergrenzen zum fließen brachte in einer Zeit, die sehr festgefügte Vorstellungen über den „Mann“ und die „Frau“ und ihre „natürlichen“ Eigenschaften hatte. Heute wird die Tragweite dieses Konzepts neu, aber nicht mehr unter dem Vorzeichen der Biologie diskutiert.

„Durch Wissenschaft zur Gerechtigkeit“ war sein Motto – durchdrungen vom Ethos der Aufklärung wurde ihm Wissenschaft Mittel zum Zweck der Durchsetzung sozialer Gerechtigkeit.

Zeitlebens war er wegen dieses Anspruchs umstritten: weil seine Wissenschaft nicht zweckfrei war, und weil sein Interesse und sein Engagement den sexuellen Außenseitern der Gesellschaft galt. Untrennbar verknüpft ist sein Name mit dem Kampf gegen den § 175 des deutschen Strafgesetzbuches. Auch hier war er seiner Zeit weit voraus: der § 175 wurde erst 60 Jahre nach Hirschfelds Tod aus dem Strafgesetz gestrichen.

Als die Deutschen Hirschfeld als Juden ausgrenzten und ihm seine Heimat nahmen, mußte er sich selbst neu definieren. „Deutscher – Jude – oder Weltbürger?“ notierte er 1933 am Beginn seines Exils und entschied sich für „Weltbürger“ oder „alles drei“.

Die Stiftung Neue Synagoge Berlin – Centrum Judaicum sowie der Verlag Hentrich & Hentrich geben die Reihe JÜDISCHE MINIATUREN heraus, um jüdisches Leben anhand der Lebensläufe bekannter jüdischer Persönlichkeiten aufzuzeigen, Beispiele jüdischer Sakralbaukunst vorzustellen sowie Leben im Judentum zu erläutern. Durchaus programmatisch hat es mit dem Lebensbild des jüdischen Philosophen Moses Mendelssohn begonnen, der es für seine Person widerspruchsfrei vereinbaren konnte, bekennender Jude und deutscher Aufklärer zu sein. Unsere Miniaturen sind weit von einer Gesamtschau der jüdischen Welt entfernt, – sie wollen Schlaglichter auf den einen oder anderen Aspekt werfen und sind so Momentaufnahmen aus dem großen Fundus deutsch-jüdischer Beziehungsgeschichte, die es über die Zeitläufe hinweg darzustellen gilt. Die „Jüdischen Miniaturen“ wenden sich auch an ein jugendliches Lesepublikum. Deshalb ist der Umfang dieser Publikationen bewußt begrenzt. Weiterführende Literaturhinweise wollen aber zur fortsetzenden Beschäftigung anregen und zu gerade in unserer Zeit nötigen Leseneugier überreden. Eine bewußt erlebte Zukunft ist nur möglich vor dem Hintergrund lebendig gehaltener Vergangenheit, zu der die großen Beispiele jüdischdeutscher Wechselwirkungen unverzichtbar gehören.