Magnus-Hirschfeld-Gesellschaft e.V. Forschungsstelle zur Geschichte der Sexualwissenschaft

George Sylvester Viereck, Schriftsteller, Propagandist

geb. 31.12.1884 (München) gest. 18.3.1963 (Holyoke, MA, USA)

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George Sylvester Viereck war der Sohn des sozialdemokratischen Politikers und Journalisten Louis Viereck (1851–1922) und dessen Ehefrau Laura. Die Eltern hatten 1881 geheiratet. Es heißt, dass der Vater ein illegitimer Sohn des späteren Kaisers Wilhelm I. war. Er wanderte 1896 mit seiner Familie in die USA aus und ließ sich in New York nieder. Magnus Hirschfeld hatte Louis Viereck noch als Student in München kennengelernt und übertrug die Freundschaft später vom Vater auf den Sohn.

George Sylvester Viereck machte in den USA zunächst als feinsinniger Lyriker von sich reden. Seine Gedichte erschienen sowohl in liberalen als auch in konservativen Zeitschriften. Ab etwa 1907 entwickelte er sich zu einem germanophilen Propagandisten. Auch in den 1930er und 1940er Jahren sprach er sich noch positiv über den Nationalsozialismus aus und trat publizistisch für Adolf Hitler und das „Dritte Reich“ ein. Bereits 1923 hatte er ein Interview mit Hitler geführt, und als sich in den USA keine Zeitung fand, die es drucken wollte, publizierte er es in seinem eigenen Journal, dem American Monthly. Hier „prophezeite“ Viereck, dass Hitler „im Guten oder im Schlechten“ Geschichte schreiben werde.

1933 half George Sylvester Viereck dem Deutschen Touristikbüro in den USA, eine nazifreundliche Broschüre zu erstellen, und 1940 engagierte er sich im America First Committee (AFC), das gegen ein Eintreten der USA in den Zweiten Weltkrieg agitierte. Für seine pro-nationalsozialistische publizistische Tätigkeit saß George Sylvester Viereck schließlich von 1942 bis 1947 über vier Jahre in Haft. Seine Gefängniserlebnisse, die 1952 unter dem Titel „Men into Beasts“ in Buchform erschienen, beschreiben die brutalen Verhältnisse in amerikanischen Gefängnissen, wie er sie kennen gelernt hatte. Sie gingen ihm zufolge mit einem Verlust der Menschenwürde einher.

Trotz seiner Sympathien für die Nationalsozialisten hat Magnus Hirschfeld George Sylvester Viereck die Freundschaft zeit seines Lebens nicht gekündigt. 1930/31 begleitete Viereck Hirschfeld auf seiner Vortragsreise durch die USA publizistisch. Von ihm stammen ein Porträt Hirschfeld in seinem Buch Glimpses of the Great (1930) und eine Artikelserie in den Blättern des „Pressemoguls” Randolph Hearst (1930/31). Es war Viereck, der die Bezeichnung „Einstein of Sex“ für Magnus Hirschfeld prägte.

George Sylvester Viereck war seit 1911 mit Margaret Edith Hein verheiratet und wurde Vater von zwei Söhnen. Nach dem britischen Okkultisten Aleister Crowley (1875–1947) war er ein „seelischer, aber kein praktizierender Homosexueller“. Zum Obmann des Wissenschaftlich-humanitären Komitees (WhK) wurde George Sylvester Viereck 1912 gewählt. Es ist jedoch fraglich, ob er die Wahl annahm, da sie ihm nur brieflich mitgeteilt wurde.

Schriften (Auswahl)

Viereck, George Sylvester (1923): Hitler the German Explosive. In: American Monthly (Oktober 1923), S. 235-238.

Viereck, George Sylvester (1930): Glimpses of the Great. New York: Macaulay (mit einem Porträt Magnus Hirschfelds auf S. 285-309); britische Ausgabe London: Duckworth (hier das Porträt Hirschfelds S. 240-259); auf Deutsch: Viereck, George Sylvester (1930): Schlagschatten. Sechsundzwanzig Schicksalsfragen an Grosse dieser Zeit. Berlin, Zürich: Deutsch-Schweizerische Verlagsanstalt Eigenbrödler (mit dem Hirschfeld-Porträt auf S. 127-150).

Viereck, George Sylvester (1930): „Love Awakening in America Observed by Dr. Hirschfeld.” In: Chicago Herald and Examiner, 30.11.1930 (Teil 3), S. 1, 4. („In a dialogue with George Sylvester Viereck.” Auch in Albany Times-Union, Detroit Times, Los Angeles Examiner, New York American, Pittsburgh Sun-Telegraph, Rochester Sunday American, Washington Herald.)

Viereck, George Sylvester (1931): „Could You Answer These Questions When You Were Married?” In: Liberty 8, Nr. 34, S. 18-22. („As told to George Sylvester Viereck.”)

Viereck, George Sylvester (1931): „‚Dr. Einstein of Sex’ Not So Favorably Impressed by U.S.” In: Wisconsin News (Milwaukee), 2.2.1931, S. 1, 4. („In a dialogue with George Sylvester Viereck.” Auch in: Albany Times-Union, Chicago Herald and Examiner, Detroit Times, Los Angeles Examiner, Pittsburgh Sun-Telegraph, San Francisco Examiner, Seattle Post-Intelligencer, Washington Herald.)

Viereck, George Sylvester (1931): „Harlem’s Emotional Beauty Charms ‚Einstein of Sex.’” In: Wisconsin News (Milwaukee), 3.2.1931, S. 6. („In a dialogue with George Sylvester Viereck.” Auch in Chicago Herald and Examiner.)

Viereck, George Sylvester (1931): „Hirschfeld Asks Scientific Sex View, Not Theological.” In: Wisconsin News (Milwaukee), 4.2.1931, S. 5. („In a dialogue with George Sylvester Viereck.” Auch in Chicago Herald and Examiner.)

Viereck, George Sylvester (1952): Men Into Beasts. New York: Fawcett Publications.

Weiterführende Literatur

Dose, Ralf. Hrsg. (2013): Magnus Hirschfeld. Testament. Heft II. Berlin: Hentrich & Hentrich, S. 102 und 223.

Hergemöller, Bernd-Ulrich. Hrsg. (2010): Mann für Mann. Biographisches Lexikon zur Geschichte von Freundesliebe und mannmännlicher Sexualität im deutschen Sprachraum. Berlin/Münster: Lit, S. 1203.