Rolf Putziger, Journalist, Verleger
Zur Biografie
Über Rolf Putziger und seinen Lebensweg liegen nur wenige gesicherte Angaben vor. Putziger war der erste Verleger der bundesdeutschen „Homophilenzeitschrift“ Die Insel (1951, im Herbst 1952 umbenannt in Der Weg – zu Freundschaft und Toleranz), die zunächst in Hamburg erschien. Nach seinem Umzug nach München machte er sich als Verleger von Bodybuilder-Magazinen und als Entdecker und Förderer von Arnold Schwarzenegger einen gewissen Namen.
Rolf Putziger wurde am 13. Juli 1926 in Berlin-Weißensee geboren, wuchs aber in Hamburg auf. Seine Eltern waren Leo Putziger (1899–1973) und dessen Frau Hertha geb. Rohrdantz (1901–1989). Der Vater war Jude und Reisender von Beruf. Die Ehe der Eltern dürfte nicht glücklich gewesen sein, denn Hertha Putziger lernte spätestens Mitte der 1930er Jahre den Hamburger Regierungsrat Oswald Lassally (1899–1975) kennen, der in der Polizeibehörde der Hansestadt arbeitete, und ging mit ihm eine Beziehung ein. Lassally stammte aus einer jüdisch-hanseatischen Kaufmannsfamilie, und auf ihn war bereits 1931 ein antisemitisch motivierter Mordanschlag verübt worden. 1933 wurde er wegen seiner Herkunft in den Ruhestand versetzt und 1937 unter dem Vorwurf der „Rassenschande“ – gemeint war die Liebesbeziehung zu Hertha Putziger – für drei Jahre in das KZ Fuhlsbüttel gesperrt. Oswald Lassally und Hertha Putziger heirateten erst nach dem Zweiten Weltkrieg in Brasilien, wohin beide geflüchtet bzw. ausgewandert waren. 1950 kehrte das Ehepaar nach Hamburg zurück, und Oswald Lassally fungierte bis zu seiner Pensionierung 1961 als Chef der Rechtsabteilung der Hamburger Polizei.
Rolf Putziger wurde als „Halbjude“ nach eigenen Angaben 1943 gezwungen, die Oberschule am Hamburger Stadtpark zu verlassen, und konnte demzufolge kein Abitur machen. Im Herbst 1944 wurde er von der Gestapo verhaftet und zu Arbeiten in Trümmergebieten zwangsverpflichtet. Nach dem Zweiten Weltkrieg öffnete er eine Schreibstube und ein Übersetzungsbüro und wurde als Sprecher und Dramaturg beim Nordwestdeutschen Rundfunk und am Thalia-Theater tätig. Der Verlag, den Putziger 1950 gründete, war wohl anfangs ein dezidiert „homophiler“ Verlag, er veränderte sein Profil mit den Jahren aber merklich. Neben der Zeitschrift Die Insel/Der Weg vertrieb er Publikationen wie die Fotobildbänder Mann und Bild (1950) und Jünglinge (1954), ab 1957 auch die „Internationale Revue der Film- und Bühnen-Stars, Mannequins und Modelle“ Pariser Magazin bzw. Pariser Journal, Sammlungen mit Witzen unter Titeln wie Lachende Bücher und Humor für Dich sowie das „Magazin für Körperkultur und Body-Building“ Herkules. Im Frühjahr 1959 verkaufte Putziger den Weg, und neuer Verleger der Zeitschrift wurde „Wolfgang Prien“ (alias Wolf H. F. Prien, 1915–1972).
Als Rolf Putziger 1953 einige Bodybuildingzeitschriften aus den USA mitbrachte, stießen diese in seinem Bekanntenkreis auf ein derart großes Interesse, dass er tausende von ihnen über Kioske verkaufte, wo sie reißenden Absatz fanden. Anlass der Reise Putzigers in die USA dürfte ein Besuch bei seinem leiblichen Vater in Atlantic Ciy, 200 Kilometer südlich von New York, gewesen sein, der als Jude Deutschland noch rechtzeitig vor der nationalsozialistischen Verfolgung verlassen konnte und später in die USA emigrierte.
In der Zeitschrift Die Insel forderte Putziger programmatisch die „Abschaffung, zumindest aber Neufassung des so berüchtigten § 175“ und gab sich überzeugt: „Homoerot kann man nicht werden, sondern ist es aus Veranlagung, also von Geburt an.“ Nach einem Referat in Der Weg von Oktober 1952 zu schließen war Putziger Teilnehmer am Frankfurter Kongress des International Committee for Sexual Equality (ICSE).
Weiterführende Literatur
Bähr, Martin (2021): „Juden brauchen wir hier nicht“. Hamburgs jüdische Polizeibeamte – verdrängt, verfolgt, vergessen (1918–1952). Ausstellungskatalog. Hamburg: Polizeimuseum Hamburg, S. 122.
Putziger, Rolf (1951): Ein Dank an alle, in: Die Insel (Jg. 1), Nr. 2, S. 4.
Putziger, Rolf (1952): 2. Internationaler Kongress für Sittengesetze und sexuelle Gleichberechtigung, in: Der Weg (Jg. 2), Nr. 10, S. 4-5.
Schwarzenegger, Arnold (2012): Total Recall. My unbelievably true life story. New York u. a.: Simon & Schuster.
Wolfert, Raimund (2022): Zwischenspiel. Anmerkungen zu einem Kapitel aus der ungeschriebenen Geschichte der „Homophilenzeitschrift“ Der Weg, in: Mitteilungen der Magnus-Hirschfeld-Gesellschaft. Nr. 69/70, S. 62-68.
Wunder, Olaf (2021): Antisemitismus bei Hamburgs Polizei. „Juden brauchen wir hier nicht“, in: Hamburger Morgenpost vom 25.10.2021, online hier.