Joseph Klibansky, Dr. jur., Rechtsanwalt
Zur Biografie
Joseph Klibansky wurde am 10. Dezember 1902 als Sohn eines Frankfurter Schulleiters und dessen Frau geboren. Nach dem Abitur an der Wöhlerschule studierte er Rechtswissenschaften an den Universitäten in Frankfurt, München, Berlin und Marburg. Er legte 1924 die Referendarprüfung in Kassel und 1928 das Assessorexamen in Berlin ab. Anschließend ließ er sich als Rechtsanwalt am Oberlandesgericht in Frankfurt in seiner Heimatstadt nieder.
1933 wurde ihm als Juden zunächst das Auftreten vor Gericht verwehrt, und wenig später erhielt er Berufsverbot. Joseph Klibansky musste seine Kanzlei aufgeben und übernahm die Leitung einer Textilfabrik in Aschaffenburg. Hier wurde er jedoch bereits 1934 verhaftet. Nach der Entlassung aus der „Schutzhaft“ floh er zuerst nach Frankreich, dann nach Italien, wo er als Lehrer und als Wirtschaftsberater arbeitete. Nach der Ausweisung der jüdischen Flüchtlinge aus Italien kehrte er zusammen mit seiner Frau zurück nach Frankreich.
Joseph Klibansky ließ sich 1948 erneut in Frankfurt nieder, wo er wieder als Rechtsanwalt und nun auch als Notar tätig wurde. In der frühen Nachkriegszeit vertrat er häufig jüdische NS-Opfer in ihren Wiedergutmachungsverfahren, außerdem wurde er Vorstandsmitglied der neu gegründeten Jüdischen Gemeinde. Er war indes gesundheitlich so sehr in Mitleidenschaft gezogen, dass er 1950 mehrere Herzinfarkte erlitt. Joseph Klibansky starb am 13. Dezember 1957, wenige Tage nach seinem 55. Geburtstag.
Laut einem Kongressbericht im Periodical Newsletter hob Joseph Klibansky auf dem Frankfurter Kongress des International Committee for Sexual Equality (ICSE) von 1952 hervor, dass bei einem Vergehen gegen Paragraf 175 StGB kaum die Rede von einer Verletzung eines schutzwürdigen Rechtsgutes sein könne. Der „Ungerechtsgehalt“ des Vergehens sei so gering, sofern nur Erwachsene beteiligt seien, dass eine strengere Strafe als die in einem Fall 1951 vom Hamburger Landgericht verhängte Buße von 3,- DM als „besonders grausam“ gelten müsse. Die Rede Klibanskys wurde noch 1952 in zwei Teilen in der Frankfurter „Homophilenzeitschrift“ Die Gefährten abgedruckt – laut Ernst Ludwig Driess allerdings nicht nach dem Originalmanuskript, sondern nur nach einem Stenogramm.
Weiterführende Literatur
Anonym (1952): „Wenn ich Sittengesetz höre, graust es mich”. Klibansky fordert niedrigste Strafe nach Paragraph 175, in: Vorderpfälzer Tageblatt, 3.9.1952 [laut Nachdruck in Der Weg].
Anonym (1952): Dieser Kongresz [sic!], in: Periodical Newsletter, [Nr. 8] (Oktober 1952), S. 15-17, hier S. 17 [siehe auch S. 6].
Anonym [2022]: Klibansky, Josef (Stolpersteinbiografien im Westend), auf: Frankfurt.de – Das offizielle Stadtportal.
Freimüller, Tobias (2020): Frankfurt und die Juden. Neuanfänge und Fremdheitserfahrungen 1945–1990. Göttingen: Wallstein, S. 176-186.
Klibansky, Joseph (1952): Meine Damen und Herren, in: Die Gefährten (Jg. 1), Nr. 6, S. 2-6, und Nr. 7, S. 1-3.
Rosenkranz, Bernhard und Gottfried Lorenz (2005): Hamburg auf anderen Wegen. Die Geschichte des schwulen Lebens in der Hansestadt. Hamburg: Lambda Edition, S. 72-73.
Wolfert, Raimund (2019): Emanzipationsbestrebungen in der Tradition Magnus Hirschfelds. Das Beispiel Ernst Ludwig Driess, in: Initiative Queer Nations (Hrsg.): Jahrbuch Sexualitäten, S. 71-96, hier S. 90-91.