Auguste Kirchhoff, Frauenrechterin
Zur Biografie
Auguste Christine Louise Kirchhoff geb. Zimmermann wurde am 23. Juni 1867 in der Gemeinde Ansbach zwischen Neuwied und Bonn geboren. Ihr Vater war der Justizrat Peter Zimmermann (1830–1900). Nach dem Besuch einer Höheren Töchterschule heiratete sie 1888 den Bremer Juristen und späteren Senator Gerhard Heinrich Kirchhoff (1854–1929). Sie zog im Folgejahr zu ihrem Mann nach Bremen und wurde bis 1905 Mutter von drei Töchtern und zwei Söhnen.Auguste Kirchhoff gehörte neben Helene Stöcker, Rosa Mayreder, Dora Russell und anderen zu den Frauenrechtlerinnen, die in der Sexualreformbewegung aktiv waren. Ihr Engagement galt vornehmlich den „gefallenen“ – oder besser gesagt den fallengelassenen – Frauen der unteren sozialen Schichten und deren „in Schande“ gezeugten und geborenen Kindern. 1906 holte sie in Bremen die Genehmigung zur Gründung des Vereins „Mütter- und Säuglingsheim“ ein, und sie gehörte der bremischen Sektion des Deutschen Vereins für Frauenstimmrecht an.
Auguste Kirchhoff war Gründerin und Vorsitzende des Bremer Ortsvereins des Bundes für Mutterschutz (BfM), später war sie mit der Weltliga für Sexualreform (WLSR) verbunden. Während der ersten internationalen Tagung für Sexualreform auf sexualwissenschaftlicher Grundlage 1912 in Berlin hielt sie einen Vortrag unter dem Titel „Erziehung zur sexuellen Verantwortlichkeit“, und beim Weltkongress der Weltliga 1928 in Kopenhagen referierte sie über die Not kinderreicher Familien.
Zur Zeit der Weimarer Republik sprach Auguste Kirchhoff in öffentlichen Vorträgen wiederholt über die heikelsten Themen ihrer Zeit: Pazifismus, Imperialismus, Antisemitismus, Geburtenregelung und Sexualreform. Bis 1933 leitete Auguste sie die Bremer Sektion der Internationalen Frauenliga für Frieden und Freiheit (IFFF), und im Rahmen dieser Tätigkeit arbeitete sie eng mit Frauenrechtlerinnen wie Anita Augspurg, Lida Gustava Heymann und Minna Cauer zusammen.
Als 1929 ihr Mann starb, erlitt Auguste Kirchhoff einen seelischen und körperlichen Zusammenbruch, der sie zwang, all ihre politischen Aktivitäten einzustellen. Auf einer der letzten Veranstaltungen der IFFF, die 1931 stattfand, mahnte sie, „alle Kräfte anzustrengen, um auch jetzt, besonders aber bei einer eventuellen Machtergreifung durch die Nationalsozialisten, den Kampf gegen den Militarismus für den Frieden fortzuführen.“ Zwei Jahre später wurden sämtliche Vereine, in denen Auguste Kirchhoff aktiv war, aufgelöst. Während viele ihrer Mitstreiterinnen emigrierten, blieb sie selbst in Deutschland und verstummte. Sie zog sich in die Privatheit zurück und starb unbeachtet und weitgehend vergessen am 12. Juli 1940 im Alter von 73 Jahren. Auguste Kirchhoff wurde auf dem Riensberger Friedhof in ihrer Heimatstadt begraben.
Schriften (Auswahl)
Kirchhhoff, Auguste (1912): Warum muß der Deutsche Verband für Frauenstimmrecht sich zum allgemeinen, gleichen, geheimen und direkten Wahlrecht bekennen? Bremen. Online hier.
Kirchhoff, Auguste (1914): Frauenwahlrechtsdebatte im Bremer Parlament. In: Zeitschrift für Frauenstimmrecht, S. 45-46. Online hier.
Kirchhoff, Auguste (1916): Zur Entwicklung der Frauenstimmrechts-Bewegung. Bremen. Online hier.
Kirchhoff, Auguste (1917): Frauenrechte – Volksrechte. Berlin. Online hier.
Kirchhoff, Auguste (1928): Weltliga für Sexualreform. In: Ideal-Lebensbund Jg. 2, Nr. 9, S. 326-327.
Kirchhoff, Auguste (1929): Frau Dr. Helene Stöcker … In: Monistische Monatshefte, Jg. 14 Nr. 12, 297-298.
Kirchhoff, Auguste (1930): Internationale Konferenz für Geburtenregelung in Zürich. In: Die neue Generation, Jg. 26, Nr. 9-10, S. 238-241.
Würdigungen
1956 wurde in Bremen die Auguste Kirchhoff-Straße nach ihr benannt. Ebenso gibt es heute eine Auguste Kirchhoff-Straße in Saarbrücken.
Weiterführende Literatur
Cyrus, Hannelore (1988): „Ein Weib wie wir?“ Auguste Kirchhoff (1867–1940), in: Mitteilungen der Magnus-Hirschfeld-Gesellschaft Nr. 12, S. 458-466.
Cyrus, Hannelore und Verena Steinecke. Hrsg. (1989): Ein Weib wie wir?! Auguste Kirchhoff (1867–1940), ein Leben für den Frieden und die Rechte der Frauen. Bremen: Verlag in der Sonnenstraße.
Cyrus, Hannelore (2014): Auguste Kirchhoff, in: Behrens, Verena und Gisela Menger (Hrsg.): Starke Frauen. Bremen: Edition Falkenberg, S.179-197.
Cyrus, Hannelore (2016): Kirchhoff, Auguste Christine Louise, geb. Zimmermann. In: Bremer Frauenmuseum (Hrsg.): Frauen Geschichte(n). Bremen: Edition Falkenberg.
Cyrus, Hannelore (2017): Kirchhoff, Auguste (1867–1940), auf: bfm – Bremer Frauenmuseum e.V.
Kirchhoff, Auguste (2004): „Mensch sein, heisst Kämpfer sein!“ Schriften für Mutterschutz, Frauenrechte, Frieden und Freiheit 1914–1933 (Schriftenreihe Geschichte & Frieden). Hgg. und eingeleitet von Henriette Kirchhoff-Wottrich. Bremen: Donat-Verlag.
Wottrich, Henriette (1990): Auguste Kirchhoff. Eine Biographie. Bremen: Donat-Verlag.