Magnus-Hirschfeld-Gesellschaft e.V. Forschungsstelle zur Geschichte der Sexualwissenschaft

Ellen Key, Schriftstellerin, Reformpädagogin

geb. 11.12.1849 (Västervik, Schweden) gest. 25.4.1926 (Ödeshög, Schweden)

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Ellen Key, o.J. Autogrammpostkarte. Foto: Dührkoop, Berlin-Hamburg.
Die schwedische Schriftstellerin, Reformpädagogin und Frauenrechtlerin Ellen Key genoss um 1900 einen wahren Kultstatus in Deutschland. Key war eine charismatische Persönlichkeit, die durch ihre Schriften wie durch ihre Vorträge ein großes Publikum begeistern konnte.

Ellen Key befasste sich mit dem Geschlechterverhältnis im Allgemeinen und der Frauenfrage im Besonderen, sie suchte nach neuen Lösungen für zentrale Fragen der Erziehung und Bildung und widmete sich sozialen, religiösen und ästhetischen Problemen, mit denen sich die Gesellschaft (nicht nur) im deutschen Kaiserreich konfrontiert sah. Was ihr seinerzeit zum Durchbruch verhalf, war das breite Interesse, das das deutsche Publikum zwischen 1870 und 1914 für Literatur aus Skandinavien hegte.

Weil sie im Christentum ein Hindernis für die „Höherentwicklung“ der Menschheit sah, als Grundlage für eben diese „Höherentwicklung“ aber die Liebe der Frau zu Mann und Kind betrachtete, war Key nicht unumstritten. Aus Teilen der Frauenbewegung ihrer Zeit schallte ihr durchaus Kritik entgegen, insbesondere was ihr Konzept der Mutterschaft betraf. Für Ellen Key war die Vereinbarkeit von Mutterschaft und Erwerbstätigkeit von Frauen kein Anliegen. Sie sah vielmehr im „Heimleben“ der Mütter das Ideal und die Basis für die Erziehung und das Aufwachsen der nachfolgenden Generation.

Doch konnte Key eben auch viele ihrer Zeitgenossen für sich gewinnen. Nachdem etwa Rainer Maria Rilke (1875–1926) Keys Buch Das Jahrhundert des Kindes (Barnets århundrade) in deutscher Übersetzung (1902) gelesen hatte, lobte er die Autorin in einer begeisterten Rezension als „Apostel des Kindes“: Rilke war überzeugt, dass das Zwanzigste Jahrhundert zu den größten gehören werde, „wenn der Traum, den diese seltsame reife und gerechte Frau in seinen ersten Tagen geträumt hat, in seinen letzten in Erfüllung geht.“

Da Rainer Maria Rilke in diesem „Jahrhunderttraum“ Keys selbst eine Rolle spielen wollte, setzte er sich umgehend mit ihr in Verbindung. Das taten auch etliche andere. Die Königliche Bibliothek (Kungliga biblioteket) in Stockholm, in der sich heute der Briefnachlass Ellen Keys befindet, verzeichnet weit über tausend verschiedene Briefpartner Keys, unter ihnen auch Franziska Mann, die Schwester Magnus Hirschfelds.

Franziska Mann und Ellen Key lernten einander im Sommer 1901 kennen. Wann und wo Ellen Key mit Magnus Hirschfeld bekannt wurde, ist nicht belegt. Hirschfeld selbst behauptete später aber mehrfach, Ellen Key sei ihm gut bekannt gewesen. Er zählte sie schlichtweg zu den bedeutendsten Frauen, die er je kennen gelernt habe. 1933 schrieb Hirschfeld, er habe vier Jahrzehnte zuvor, also um 1893, zum ersten Mal von der mit ihm befreundeten Ellen Key die „Lehre” vernommen: „Kinder sind Sache der Gemeinschaft, Ehe ist Privatangelegenheit.” Offenbar spitzte Magnus Hirschfeld hier zu, denn so radikal hatte Ellen Key diese Position zu ihren Lebzeiten ja nie vertreten.

Schriften (Auswahl)

Key, Ellen [1905]: Über Liebe und Ehe. Essays. Autorisierte Übertragung von Francis Maro. Berlin: S. Fischer.

Key, Ellen (1907): Persönlichkeit und Schönheit in ihren gesellschaftlichen und geselligen Wirkungen. Essays. Übertragung von Francis Maro. Berlin: S. Fischer Verlag.

Key, Ellen [1911]: Liebe und Ethik. Berlin: Neues Leben bei Wilhelm Borngraeber.

Key, Ellen (1919): Als ich das erste Mal Franziska Mann traf, in: Franziska Mann. Der Dichterin – Dem Menschen! Zum 9. Juni 1919. Jena: Landhausverlag, S. 3-4.

Weiterführende Literatur

Borgström, Eva (2012): Frida Stéenhoff, Ellen Key och den samkönade kärleken, in: Tidskrift för genusvetenskap, Nr. 3, S. 35-59.

Hirschfeld, Magnus (1933): Die Weltreise eines Sexualforschers. Brugg: Bözberg-Verlag, S. 374.

Hirschfeld, Magnus (1986): Von einst bis jetzt. Geschichte einer homosexuellen Bewegung 1897–1922 [ursprünglich erschienen als Feuilletonserie in der Zeitschrift Die Freundschaft 1922/23]. Hrsg. und mit einem Nachwort versehen von Manfred Herzer und James Steakley. Berlin: Verlag rosa Winkel.

Kinnunen, Tiina (2009): „Werde, die du bist“ – Feminismus und weibliches Lebensgefühl Anfang des 20. Jahrhunderts. Beitrag zum Themenschwerpunkt „Europäische Geschichte – Geschlechtergeschichte“, online auf: Themenportal Europäische Geschichte.

Lindén, Claudia (2018): Ellen Karolina Sofia Key, in: Svenskt kvinnobiografiskt lexikon.

Mann, Katja (2004): Ellen Key. Ein Leben über die Pädagogik hinaus. Darmstadt: Primus-Verlag.

Maurenbrecher, Hulda (1912): Die neue Auffassung von Mutterpflicht, in: Schreiber, Adele (Hrsg.): Mutterschaft. Ein Sammelwerk für die Probleme des Weibes als Mutter. München: Albert Langen, S. 120-131.

Schurgast, Margarete (1926): Ellen Keys testamente. Ett vackert minne av det sista sammanträffandet, in: Idun (Jg. 39), Nr. 21, S. 516.

Wolfert, Raimund (2017): Annäherungen an Franziska Mann – Schriftstellerin und Briefpartnerin Ellen Keys. In: Mitteilungen der Magnus-Hirschfeld-Gesellschaft, Heft 58/59, S. 45-64.