Magnus-Hirschfeld-Gesellschaft e.V. Forschungsstelle zur Geschichte der Sexualwissenschaft

Inga Junghanns, Übersetzerin

geb. 9.3.1886 (Kopenhagen, Dänemark) gest. 25.4.1962 (Kopenhagen, Dänemark)

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Porträtbild Inga Junghanns, o.J. Unbekannter Fotograf.
Inga Junghanns wurde am 9. März 1886 in der dänischen Hauptstadt Kopenhagen geboren. Ihr Geburtsname war Inga Meyer. Ihr Vater war jüdischer Abstammung, ihre Mutter Christin. Um 1912 zog Inga Meyer nach München, wo sie den deutschen Grafiker Reinhold Rudolf Junghanns (1884–1967) heiratete. Anfang der 1920er Jahre zog sie zurück nach Dänemark, hielt sich jedoch auch in den Folgejahren wiederholt in Deutschland auf. Ihre Ehe mit Reinhold Rudolf Junghanns wurde 1925 geschieden.

1915 hatte Inga Junghanns über einen gemeinsamen Freund Rainer Maria Rilke (1875–1926) kennengelernt, und schon wenige Monate später begann sie, Rilkes einzigen Roman, Die Aufzeichnungen des Malte Laurids Brigge (1910), ins Dänische zu übersetzen. In den Jahren bis zu seinem Tod führte sie einen Briefwechsel mit dem Schriftsteller, der einen einzigartigen Einblick in sowohl Rilkes Persönlichkeit als auch in Junghanns‘ Arbeit als Übersetzerin bietet.

Inga Junghanns fühlte sich nach ihrer Rückkehr nach Dänemark nicht mehr zu Hause in ihrem Heimatland. Sie empfand hier eine „geistige Einsamkeit“ und spürte sich mehr und mehr mit Deutschland verbunden. 1923 schrieb sie: „Jede Rückkehr nach Deutschland zeigt mir, wie sehr ich jetzt dorthin gehöre, so wie ich jetzt bin: nicht deutsch, nicht dänisch; nicht Frau, nicht Mann; verheiratet und nicht verheiratet; nicht christlich, nicht jüdisch; nicht alt, nicht jung. Und doch: trotz all dieses Nicht-Seins mitten im Leben, dieser wunderbaren Kiste voller Überraschungen, wenn man erst einmal den Schlüssel zu ihren tiefsten Schätzen gefunden hat.“

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Inga Junghanns (rechts) zusammen mit Peder Valdemar Bækgaard, Paul Krische, Mia von Leunbach und Karl Giese, 1930 in Wien.
1930 hatte Inga Junghanns am Kongress der Weltliga für Sexualreform (WLSR) in Wien teilgenommen. Ein erhaltenes Foto zeigt sie zusammen mit Karl Giese (1898–1938), Mia von Leunbach, Paul Krische (1878–1956) und dem dänischen Arzt Peder Valdemar Bækgaard (1889–1933). Das Foto hat vermutlich Ellen Bækgaard aufgenommen. Im Frühjahr 1932 war Inga Junghanns in Berlin und sprach mit Charlotte Charlaque über die geschlechtsangleichenden Maßnahmen, denen diese sich in der Zwischenzeit unterzogen hatte. Wie gewöhnlich, wenn sie in Berlin war, wohnte Inga Junghanns auch bei dieser Gelegenheit im Institut für Sexualwissenschaft. In Beiträgen für die skandinavische Tagespresse sprach sich Inga Junghanns Anfang der 1930er Jahre wiederholt für das Recht der Frau auf Schwangerschaftsabbruch aus.

Inga Junghanns starb am 25. April 1962 im Alter von 76 Jahren im Kopenhagener Sundby hospital. Sie hatte offenbar keine Verwandten und wurde in aller Stille, ohne dass ein Priester anwesend war, anonym beigesetzt.

Weiterführende Literatur

Anonym (1932): Et socialt Problem, som tiden har skapt. De uvelkomne barn – og alle de arbeidsløse, in: Dagbladet (Oslo), 29.7.1932 (Nr. 174), S. 5.

Herwig, Wolfgang. Hrsg. (1959): Briefwechsel zwischen Rainer Maria Rilke und Inga Junghanns. Wiesbaden: Insel Verlag.

Junghanns, Inga (1932): En Operation. Den skønne Lola Montez er blevet Kvinde efter at have levet hele sit Liv som Mand, in: Social-Demokraten for Randers og Omegn, 7.6.1932, S. 5. [Dieser Artikel wurde zeitgleich auch in mehreren norwegischen Tageszeitungen abgedruckt.]

Schramm, Moritz (o.J.): Inga Junghanns, in: Dansk oversætterleksikon, online hier.