Magnus-Hirschfeld-Gesellschaft e.V. Forschungsstelle zur Geschichte der Sexualwissenschaft

Agnes Hirschfeld, Schwester M. Hirschfelds

geb. um 1861 (Kolberg, heute Kołobrzeg, PL) gest. um 1922 (Ort nicht belegt)

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Über Magnus Hirschfelds ältere Schwester Agnes ist nur wenig bekannt, auch ein Bild scheint nicht erhalten zu sein. Agnes Hirschfeld blieb zeit ihres Lebens unverheiratet. Die Ausbildung der sieben Hirschfeld-Kinder geschah, wie damals im gesamten christlichen Abendland üblich, streng geschlechterdiskriminierend. Die Söhne wurden, sofern sie die Voraussetzungen hierfür erfüllten, aufs Gymnasium geschickt, für die Töchter gab es im heimatlichen Kolberg (heute Kołobrzeg) kein Gymnasium, sondern nur eine „Höhere Töchterschule“. Von keiner der vier Schwestern Magnus Hirschfelds ist bekannt, dass sei eine Berufsausbildung etwa als Lehrerin erhielt. Offenbar wurden alle auf ihren „natürlichen“ Beruf als Ehegattin und Mutter vorbereitet.

Es scheint indes, dass Agnes Hirschfeld zu einem nicht näher bekannten Zeitpunkt Kolberg und damit das Elternhaus verließ. Ihre Schwester Franziska Mann schrieb 1918 in einem Brief an den gemeinsamen Bruder Magnus Hirschfeld: „Sieben Wanderer haben vor Jahren jene Stadt am Meere verlassen …”. 1904, kurz nach dem Tod der Mutter Friederike Mann, übernahm Agnes Hirschfeld die Leitung der „Sanitätsrat Hirschfeldschen Familienpension” in ihrem Elternhaus an der Kolberger Promenade 23. Zwischen 1909 und 1912 inserierte sie mehrfach im Berliner Tageblatt und warb mit den Worten „schönste Lage, neu renoviert, beste Verpflegung, zivile Preise” für ihre Pension. Auf Wunsch bot sie auch „diätetische Küche nach ärztlichen Vorschriften”.

Nach dem Tod von Agnes Hirschfeld übernahm die Schwester Jenny Hauck die Pension und führte sie unter dem Namen „Villa Agnes” weiter. Regelmäßige Besucherin des Hauses war auch in frühen Jahren bereits die Dichterin Else Lasker-Schüler.

Weiterführende Literatur und Quellen

Diverse Anzeigen im Berliner Tageblatt und Handelszeitung, u.a. vom 30.5.1909, 20.6.1909, 16.6.1912, 23.6.1912 und 6.9.1912.

Dose, Ralf (2004): Die Familie Hirschfeld aus Kolberg. In: Elke-Vera Kotowski und Julius H. Schoeps (Hrsg.): Magnus Hirschfeld. Ein Leben im Spannungsfeld von Wissenschaft, Politik und Gesellschaft (Sifria. Wissenschaftliche Bibliothek, 8). Berlin: be.bra wissenschaft, S. 33-64.

Herzer, Manfred (2017): Magnus Hirschfeld und seine Zeit. Berlin: De Gruyter Oldenbourg, S. 22.

Lasker-Schüler, Else (2017): Kolberg. Als man dort noch nicht von Hakenkreuzlern bedroht wurde. In: Mitteilungen der Magnus-Hirschfeld-Gesellschaft, Heft 57, S. 27-29.