Magnus-Hirschfeld-Gesellschaft e.V. Forschungsstelle zur Geschichte der Sexualwissenschaft

Helene Helling, Malerin, Hausdame

geb. verm. 26.5.1876 (Hamburg) gest. verm. 5.5.1958 (Hamburg)

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Das Bild zeigt nicht Helene Helling, sondern ist eine Zeichnung von ihr unter dem Titel „Ohr-, Hals-, Arm- und Kopfschmuck einer Europäerin“.
Ähnlich wie Magnus Hirschfelds Schwester Recha Tobias war Helene Helling als „Hausdame“ im Institut für Sexualwissenschaft tätig. Möglicherweise hat sie die Aufgaben Tobias‘ um 1930 teilweise übernommen. Im Berliner Adressbuch wird sie von 1931 bis 1934 unter der Adresse In den Zelten 9a geführt.

Die Identität von Helene Helling ist noch nicht abschließend geklärt. Vermutlich handelt es sich um die Malerin Helene Johanne Helling, am 26. Mai 1876 in Hamburg geboren wurde und dort am 5. Mai 1958 verstarb. Sie war unverheiratet, und über ihre Ausbildung ist nur bekannt, dass sie die Dresdener private „Malschule für Damen“ von Robert Sterl (1867–1932) besucht hat. Im Januar 1917 stellte sie zusammen mit den Malerinnen Gertrud Landsberger-Sachs (1885–1962), Hanna Mehls (1867–1928) und Else Mögelin (1887–1982) im „Verein der Künstlerinnen und Kunstfreundinnen zu Berlin”, Schöneberger Ufer 38, ihre Werke aus. Etwa zur gleichen Zeit war sie auch in einer Ausstellung der „Künstlervereinigung Dresden” vertreten.

An Helene Helling gibt es widersprüchliche Erinnerungen. Ellen Bækgaard erinnerte sich 1984: „In der Vorhalle saß eine reizende Dame, Frau Helling, an einem kleinen Schreibtisch und ‚empfing‘ und sortierte die Besucher – einen Teil schickte sie zum Nebenhaus, und anderen, die kamen, um Magnus Hirschfeld oder Karl Giese zu sehen oder sie zu besuchen, gab sie einen Termin oder ‚freies Geleit‘. Frau Helling war nicht angestellt im Institut und war nicht auf der Gehaltsliste, aber sie gehörte dazu. Sie war um 1930 eine Dame mittleren Alters – und absolut ‚Dame‘ im besten Sinne des Wortes. Ich habe nie ihre Verbindung zu Magnus Hirschfeld erfahren, weiß aber, daß sie zur gleichen Zeit, als Magnus Hirschfeld sich einrichtete, eine kleine Wohnung ganz oben im Palais bekam, wo sie mit ihrer eigenen Einrichtung einzog. Ich habe sie dort zum Nachmittagstee besucht, das war sehr gemütlich und kultiviert. Über sie persönlich weiß ich nur, daß sie Witwe war und ihren eigenen Haushalt führte.

Als sie dort kurze Zeit gewohnt hatte, sah sie, wie wenig System es in dem privaten Haus gab, so daß sie eines schönen Tages einen Schreibtisch in der Vorhalle aufstellen ließ und sich dort werktags von 9–16 Uhr etablierte, und sie bekam auch ein Haustelefon an ihrem Schreibtisch installiert. Von dem Tag an kam niemand unangemeldet hinein.“

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Helene Helling: Schlosspark.
Ähnlich beschrieb Adelheid Schulz, Magnus Hirschfelds Haushälterin, Frau Helling: „Diese Frau war eine Künstlerin. Die hat mich in alle ihre Kenntnisse eingeweiht, also Muster vergrößern [machen] und so ja, und ich durfte in ihr Zimmer. Die hat denn bei uns 9a fünf Treppen gewohnt, […] und da durfte ich rein und an ihrer Nähmaschine nähen und sowas alles, ja. Eine Mutter kann nicht besser sein. Und wie ich dann heiratete, hat sie mir zwei wunderbare Hutschenreuther-Kaffeegedecke geschenkt.“

Karl Giese hat weniger freundliche Erinnerungen an Helene Helling. Er sah sie 1933 auf einer politischen Linie mit Institutsmitarbeitern wie Arthur Röser, Ewald Lausch und Friedrich Hauptstein, die sich den nationalsozialistischen Machthabern mit einer Ergebenheitsadresse an Hermann Göring andienten.

Von Helene Helling war lange nur eine einzige Zeichnung überliefert: „Ohr-, Hals-, Arm- und Kopfschmuck einer Europäerin“ (Hirschfeld: Geschlechtskunde, S. 765). Die Magnus-Hirschfeld-Gesellschaft konnte Anfang 2021 ein kleinformatiges Aquarell „Schlosspark“ von ihr erwerben.

Weiterführende Literatur und Quellen

Anonym (1917): Eine neue Ausstellung des Künstlerinnenvereins, in: Beilage der Berliner Börsen-Zeitung (Nr. 5), 4.1.1917.

Bækgaard, Ellen (1985): Das Sexualwissenschaftliche Institut in Berlin. In: Mitteilungen der Magnus-Hirschfeld-Gesellschaft, Nr. 5, S. 32-35.

Dose, Ralf (2021): Haus-, medizinisches und Verwaltungspersonal des Instituts für Sexualwissenschaft. In: Mitteilungen der Magnus-Hirschfeld-Gesellschaft, Heft 67, S. 9-32.

Everard, Myriam (1988): Eros in het museum. Aantekeningen bij Til Brugmans ‘Liefdeswarenhuis’, in: Lust en Gratie (Jg. 5), S. 66-77 (online hier). [Helene Helling wird in diesem Text fälschlicherweise als „Frau Heller” bezeichnet.]

ys (1916): Wissenschaft und Kunst. Künstlervereinigung Dresden, in: Sächsische Staatszeitung (Nr. 289), 13.12.1916, S. 10.