René Guyon, Dr. jur., Rechtsphilosoph und Rechtsanwalt
Zur Biografie


1919 veröffentlichte Guyon den englischsprachigen Bericht The Work of codification in Siam („Die Ausarbeitung von Gesetzen in Siam“). Anschließend wurde er Berater des siamesischen Justizministers. 1940 nahm er die thailändische Staatsangehörigkeit an, und in der Folge wurde am Obersten Gerichtshof des Landes tätig. Sein neuer Name lautete Phichan Bunyong (thailändisch: พิชาญ บุญยง). Erst als Guyon in Ruhestand ging, ging er die Ehe mit einer jungen Frau aus Thailand ein.
Guyon reiste viel, sowohl in Europa, Nordafrika, Sibirien, China und Südostasien. In seinen Veröffentlichungen kritisierte er sowohl den Völkerbund als auch die Vereinten Nationen, die in seinen Augen nicht die Menschenrechte und die Freiheitsrechte des Einzelnen im Sinne der Französischen Revolution vertraten oder verteidigten. Als Rechtsphilosoph und Sexologe ist Guyon heute wegen seiner „Études d’éthique sexuelle“ („Studien zur sexuellen Ethik“) bekannt, die zwischen 1928 und 1947 entstanden. Mit dem neunbändigen Werk schrieb sich Guyon in eine Tradition von Autoren wie Magnus Hirschfeld, Helene Stöcker und Bertrand Russell (1872–1970) ein. Er wollte mit ihm das „alte Sexualregime“ überwinden und die Grundfreiheiten des Menschen neu überdenken. Dabei setzte er sich aber nicht nur für sexuelle Freiheit unter Erwachsenen und die Emanzipation der Frau ein, sondern sprach sich auch für geschlechtliche Kontakte zwischen Erwachsenen und Kindern aus.
Die ersten sechs Bände der „Studien zur sexuellen Ethik“ Guyons wurden zwischen 1929 und 1939 in Frankreich veröffentlicht, nach der deutschen Invasion des Landes aber bald verboten. Die letzten drei Bände sind bis heute unveröffentlicht. Die Originalmanuskripte befinden sich im Kinsey-Institut in Bloomington (USA).
Nach einem „Editorial“, das im Vorfeld des Frankfurter Kongresses des International Committee for Sexual Equality (ICSE) im Sommer 1952 im ICSE-Newsletter erschien, standen die Organisatoren des Kongresses in Verbindung mit René Guyon. Man bedauerte, dass er in Thailand lebte und dass man sonst keine Kontakte im französischsprachigen Raum habe.
Weiterführende Literatur
Anonym (1952): Editorial, in: Periodical Newsletter, Nr. 5/6 [Mai 1952], S. 1.
Guyon, René (1952): Human rights, in: Periodical Newsletter, Nr. 4 [März 1952], S. 2.
Haeberle, Erwin J. (2003): Sexuelle Menschenrechte, in: ders.: Die Sexualität des Menschen. Handbuch und Atlas (2., erw. Auflage).
Mechelen, Floris van (1953): [Kurzbesprechung von] René Guyon: Cahier II. Eros ou la sexualité affranchie, in: Periodical Newsletter, [Nr. 9] (Januar 1953), S. 45-46.