Magnus-Hirschfeld-Gesellschaft e.V. Forschungsstelle zur Geschichte der Sexualwissenschaft

Albert Eulenburg, Geh. Med.-Rat. Prof. Dr.

geb. 10.8.1848 (Berlin) gest. 3.7.1917 (Berlin)

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Albert Eulenburg. Aus Magnus Hirschfeld: Geschlechtskunde, 1926.
Albert (Siegfried Jakob) Eulenburg gehörte zu den ersten, der die Petition des Wissenschaftlich-humanitären Komitees (WhK) gegen den § 175 RStGB unterzeichnete, er war Vorsitzender der Ärztlichen Gesellschaft für Sexualwissenschaft und Herausgeber der Zeitschrift für Sexualwissenschaft. Eulenburg wurde 1840 in Berlin in eine jüdische Familie geboren, die aus dem östlichen Brandenburg stammte. 1847 trat sie indes in Berlin zum evangelischen Christentum über.

Der Vater Albert Eulenburgs war praktischer Arzt in Wriezen, er zog aber mit seiner Familie im Geburtsjahr seines ältesten Sohnes Albert nach Berlin. Hier gelangte er durch die Gründung eines Instituts für Heilgymnastik und Orthopädie zu einem gewissen Renommee, 1869 wurde er zum Sanitätsrat ernannt. Albert Eulenburg hatte einen jüngeren Bruder, Ernst Eulenburg (1847–1926), der zu einem erfolgreichen Musikverleger wurde. Sein Cousin Franz Eulenburg (1867–1943) war nach 1929 Rektor der Berliner Handelshochschule. Albert Eulenburg legte 16jährig in Berlin das Abitur ab und nahm anschließend das Studium der Medizin auf. Nach einem vorübergehenden Studienaufenthalt in Bonn promovierte er 1861 mit einer Arbeit über die Reizbarkeit der Muskeln. Seine medizinhistorische Habilitation legte er 1864 in Greifswald vor.

1874 wurde Albert Eulenburg auf eine ordentliche Professur für Arzneimittellehre an die Universität Greifswald berufen. 1879 ging er daran, eine Real-Encyclopädie der gesammten Heilkunde herauszugeben, die ihn berühmt machen sollte und die bis heute allgemein als „der Eulenburg” bekannt ist. Das Werk erschien von 1880 bis 1883 in der ersten Auflage in 15 Bänden. Spätere Auflagen waren noch umfangreicher. Des Weiteren verfasste Eulenburg mehrere Lehrbücher und veröffentlichte Forschungsergebnisse in Handbüchern und Fachzeitschriften, die Zeugnis von einer enormen Bandbreite und einer herausragenden fachlichen Universalität ihres Autors ablegen.

1882 kehrte Albert Eulenburg von Greifswald zurück nach Berlin, wo er als Privatdozent tätig wurde. Eine ordentliche Professur für Allgemeine Pathologie und Therapie wurde ihm von der Fakultät und dem Ministerium der Berliner Universität aufgrund seiner jüdischen Abstammung verweigert. 1884 ließ sich Eulenburg als Nervenarzt nieder, und in seiner Praxis, die schnell zu einer Poliklinik expandierte, arbeitete vorübergehend auch der junge Sigmund Freud (1856–1939).

1897 wurde Albert Eulenburg zum Geheimen Medizinalrat und 1900 zum außerordentlichen Professor der Berliner Medizinischen Fakultät ernannt. Er befand sich nun auf dem Höhepunkt seiner beruflichen Laufbahn und der fachlichen wie gesellschaftlichen Anerkennung. 1912 wurde er in das Obmännerkollegium des WhK gewählt.

Albert Eulenburg war insgesamt drei Mal verheiratet. Sein einziger Sohn, der aus seiner ersten Ehe stammte, schied durch Suizid aus dem Leben. Albert Eulenburg selbst starb 1917 an den Folgen eines Sarkoms. Im Zuge der nationalsozialistischen Verfolgung seiner Verwandten und durch den Zweiten Weltkrieg sind zahlreiche Dokumente zu seinen persönlichen Lebensumständen verloren gegangen.

Schriften (Auswahl)

Eulenburg, Albert (1871): Lehrbuch der functionellen Nervenkrankheiten auf physiologischer Basis. Berlin: Verlag von August Hirschwald.

Eulenburg, Albert (1895): Sexuelle Neuropathie. Genitale Neurosen und Neuropsychosen der Männer und Frauen. Leipzig: F. C. W. Vogel.

Eulenburg, Albert (1902): Sadismus und Masochismus. Wiesbaden: Bergmann.

Eulenburg, Albert (1916): Moralität und Sexualität. Sexualethische Streifzüge im Gebiete der neueren Philosophie und Ethik. Bonn: Marcus & Weber.

Weiterführende Literatur

Sigusch, Volkmar (2008): Geschichte der Sexualwissenschaft. Frankfurt/New York: Campus, S. 234-246, 612-614.

Sigusch, Volkmar (2009): Albert Eulenburg (1840–1917), in: Sigusch, Volkmar und Günter Grau (Hrsg.): Personenlexikon der Sexualforschung. Frankfurt/New York: Campus, S. 148-157.