Erich Ebermayer, Dr. jur., Schriftsteller
Zur Biografie
Erich Ebermayer wurde am 14. September als einziges Kind des späteren Reichsgerichtsrats und Oberreichsanwalts Ludwig Ebermayer und dessen Frau Angelika geb. Bouhler in Bamberg geboren. In der mütterlichen Linie war er mit dem späteren Reichsleiter und „Chef der Kanzlei des Führers“, Philipp Bouhler (1899–1945), verwandt. Da Erich Ebermayers Vater in Leipzig tätig wurde, besuchte der Sohn die dortige Thomasschule. Nach dem Abitur studierte er Jura in Leipzig, München und Heidelberg, und nach der Promotion wurde er als Anwalt tätig. Ungefähr gleichzeitig veröffentliche Erich Ebermayer sein erstes Buch, mit dem er einen gewissen Erfolg erzielen konnte. In der Folge bestritt er seinen Lebensunterhalt als Strafverteidiger und Schriftsteller.
Erich Ebermayer veröffentlichte Romane, Novellen, Theaterstücke und Drehbücher, in denen es wiederholt auch um Homosexualität geht. Privat verkehrte er in den Kreisen um Thomas Mann (1875–1955), Gerhart Hauptmann (1862–1946) und Stefan Zweig (1881–1942). Hauptmann bezeichnete er gar als seinen „Wahlvater“. Befreundet war er ebenfalls mit dem Reformpädagogen Gustav Wyneken (1875–1964).
Dem NS-Regime stand Erich Ebermayer innerlich ablehnend gegenüber. Bereits auf der ersten Liste der verbotenen Schriften vom Mai 1933 stand eine Novelle von ihm, weitere Titel folgten auf späteren Listen. Geschützt wurde Ebermayer indes von seinem Verwandten Philipp Bouhler sowie von Fritz Todt (1891–1942), dem Reichsminister für das deutsche Straßenwesen. Über mehrere Jahre beschäftigte Ebernayer die Jüdin Emilie Heymann (1883–1945) als seine Sekretärin und half ihr mit falschen Papieren beim Untertauchen.
Andererseits verlegte sich Erich Ebermayer nach 1933 auf die Produktion eher seichter Filmdrehbücher, mit denen er weiterhin am gesellschaftlichen Leben im „Dritten Reich“ teilnehmen konnte und gut verdiente. Auch nach Ermittlungen wegen Verstößen gegen den § 175 RStGB, die gegen ihn aufgenommen wurden, verließ er Deutschland nicht, obwohl er Gelegenheit dazu gehabt hätte, sondern arrangierte sich mit den Verhältnissen. Kurz vor dem Ausbruch des Zweiten Weltkriegs erwarb er ein Schloss bei Bayreuth, das ihm als Rückzugsort der „inneren Emigration“ und als Refugium diente.
Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs hob Erich Ebermayer wiederholt die Schwierigkeiten hervor, mit denen er zur Zeit der Nazi-Herrschaft zu kämpfen hatte, verschwieg dabei aber die eigenen opportunistischen Anpassungsversuche an die Vorgaben und Forderungen des Regimes. Er trat nun wieder als Anwalt auf, und etliche seiner Bücher erschienen in Neuauflagen. Daneben schrieb er neue Biographien, so etwa über Magda Goebbels (1901–1945) und Oscar Wilde (1854–1900). Eine 1947 eingegangene Ehe wurde bereits 1949 wieder geschieden, und stattdessen adoptierte Ebermayer zwei junge Männer, denen er auch seinen Namen gab.
Erich Ebermayer schrieb in den 1950er Jahren auch Drehbücher für Film und Bühne. Er baute und richtete sich ein Landhaus im italienischen Terracina zwischen Rom und Neapel ein, in dem er Teile des Jahres verbrachte. Hier verstarb er wenige Tage nach seinem 70. Geburtstag. Spekulationen darüber, dass Ebermayer ermordet wurde, stehen im Raum. Die Umstände seines Todes wurden nie ganz aufgeklärt.
Heute gilt das Werk Erich Ebermayers, trotz neuerer Funde und Veröffentlichungen einst verschollener autobiographischer Manuskripte (in den Jahren 2005 und 2024), als weitgehend vergessen. Die Teilnahme Ebermayers am Frankfurter ICSE-Kongress von 1952 wurde noch wenige Wochen vor dem Kongress mit dem Vortragstitel „Eros in der Pädagogik“ angekündigt, und zwar für Samstag, den 30. August 1952. Doch scheint Ebermayer seine Teilnahme kurzfristig abgesagt zu haben. In den vorliegenden Berichten zum Kongress wird sein Name nicht mehr erwähnt.
Weiterführende Literatur
Anonym (1952): Der zweite Kongress I.C.S.E., in: Periodical Newsletter, Nr. 5/6 [Mai 1952], S. 8.
Anonym (1952): Zweiter Internationaler Kongress für sexuelle Gleichberechtigung in Frankfurt am Main, in: Periodical Newsletter, Nr. 6 [sic!] (Juli 1952), S. 3.
Baron, Bernhard M. (o.J.): Erich Ebermayer, auf: Literaturportal Bayern.
Ebermayer, Erich (2005): Eh ich’s vergesse …: Erinnerungen an Gerhart Hauptmann, Thomas Mann, Klaus Mann, Gustaf Gründgens, Emil Jannings und Stefan Zweig. Herausgegeben von Dirk Heißerer. München: Langen-Müller.
Ebermayer, Erich (2024): Jugend im Lichte des Vaters. Leipzig: Lehmstedt Verlag.
Henning, Peter (2024): Zwischen Opportunismus und Opposition. Kulturschaffende im Nationalsozialismus am Beispiel Erich Ebermayer. Stuttgart: Kohlhammer Verlag.
Hergemöller, Bernd-Ulrich (2010): Ebermayer, Erich, in: Hergemöller, Bernd-Ulrich (Hrsg.): Mann für Mann. Biographisches Lexikon zur Geschichte von Freundesliebe und mannmännlicher Sexualität im deutschen Sprachraum (zwei Bände). Münster/Berlin: Lit-Verlag, S. 278-280.
Zinn, Alexander (2018): „Aus dem Volkskörper entfernt“? Homosexuelle Männer im Nationalsozialismus. Frankfurt/Main: Campus.