Magnus-Hirschfeld-Gesellschaft e.V. Forschungsstelle zur Geschichte der Sexualwissenschaft

Erich Bohn, Dr. jur., Rechtsanwalt

geb. 11.2.1874 (Ruben, Niederlausitz) gest. 28.12.1948 (Friedberg, Hessen)

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Erich Bohn, o.J. Quelle: Bundesarchiv Berlin, Signatur 102-13579.
Erich Bohn wurde als Sohn des Musikwissenschaftlers Emil Bohn und dessen Frau Selma in Ruben in der Niederlausitz geboren. Nach der Promotion zum Dr. jur. arbeitete er als Rechtsanwalt und Notar in Breslau. Er war zwei Mal verheiratet und Vater von zwei Kindern. Neben seinem Beruf betätigte er sich literarisch und beschäftigte sich mit Okkultismus, Archäologie, Malerei, Graphik, Architektur und Biologie.

Erich Bohn wurde im März 1907 Mitglied im Obmännerkollegium des Wissenschaftlich-humanitären Komitees (WhK). Aussagen über sein Engagement in der und für die Organisation können heute nur aufgrund weniger erhaltener Mitteilungen gemacht werden. So widmete sich Bohn 1907 in einem öffentlichen Vortrag unter dem Titel „Modernes Erpressertum” einem Thema, das in Breslau „besondere Aktualität” besaß. Erst 1905 hatte der Breslauer Landgerichtsdirektor August Hasse (1848–?) weit über die Grenzen der Stadt hinaus traurige Berühmtheit erlangt, als er versuchte, seinen Erpresser, der ihn einer „in einer öffentlichen Anstalt provozierten Betastung” bezichtigte, zu erschießen.

Für Bohn waren Homosexuelle in der Regel „weichliche, sensibel veranlagte Naturen”. Erpresser sah er als „arbeitsscheue Subjekte” an, „die leicht Geld erwerben wollen und die Furcht anderer vor der strafrechtlichen Verantwortung ausnützen.” Es gebe nichts Falscheres, als einem Erpresser Geld zu geben, weil dies in dessen Augen einem Schuldbekenntnis gleichkomme und nur Anlass zu immer weiteren Forderungen sei.

Wie lange Erich Bohn mit dem WhK in Kontakt stand, ist nicht belegt. Aber noch 1927 hieß es in einem Artikel der Breslauer Neuesten Nachrichten, die Verbrechensrate bei Erpressungen in der schlesischen Hauptstadt sei seit einigen Jahren steigend. Habe die Breslauer Kriminalpolizei 1923 „nur” 127 Fälle von Raub und Erpressung zu bearbeiten gehabt, müsse allein im ersten Halbjahr 1926 mit einer Zahl von über 200 gerechnet werden. Die Polizei werde indes von einem Rechtsanwalt unterstützt, der als „Spezialist für psychologische Grenzzustände” bekannt sei. Ein Name wurde nicht genannt, doch dürfte mit der Umschreibung Erich Bohn gemeint gewesen sein.

Es ist anzunehmen, dass Erich Bohn auch die Petition des WhK für die Abschaffung des § 175 RStGB an den deutschen Reichstag unterschrieben hat, doch hat sich hierfür noch kein Nachweis finden lassen.

Weiterführende Literatur

Wolfert, Raimund (2009): „Spezialist für psychologische Grenzzustände“: Erich Bohn, Breslauer Obmann des WhK, in: Mitteilungen der Magnus-Hirschfeld-Gesellschaft, Nr. 43/44, S. 35-42.