Bob Angelo, Aktivist, Schauspieler
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In den wirtschaftlich schwierigen 1920er Jahren musste Niek Engelschman seine Schulausbildung abbrechen und als „Diener“ in eine jüdische Importfirma eintreten, die Warentransporte aus und in das ehemalige Niederländisch-Indien (heute Indonesien) organisierte. Engelschman engagierte sich früh politisch, er war zunächst Mitglied der sozialdemokratischen Partei und später – ab 1935 – der leninistischen Jugendgarde (LJG). Er beteiligte sich an Aktionen gegen die Jugendarbeitslosigkeit und publizierte neben einer Broschüre auch eine Oper unter dem Titel „Fascistische Terreur“ („Faschistischer Terror“), die 1936 im LJG-Bühnenclub zur Aufführung kam.
Nach eigenen Angaben wurde Engelschman im Alter von etwa 24 Jahren bewusst, dass er homosexuell war. Er nahm Kontakt mit dem Rechtsanwalt Jacob Anton Schorer (1866–1957) auf, der im niederländischen Wissenschaftlich-humanitären Komitee (NWhK) für die Legalisierung homosexueller Handlungen in seinem Heimatland kämpfte. Ab 1940 veröffentlichte Engelschman unter dem Pseudonym „Bob Angelo“ auch Artikel in der niederländischen Zeitschrift Levensrecht („Lebensrecht“), die er mitbegründet hatte und die nach der deutschen Besetzung der Niederlande eingestellt werden musste.
In den Kriegsjahren nahm Niek Engelschman Schauspielunterricht und wurde im illegalen Widerstand gegen die deutschen Besatzer tätig. Neben der Produktion und dem Vertrieb von Zeitschriften half er zusammen mit einem seiner Brüder auch jüdischen Mitmenschen, die sich versteckt halten mussten, um zu überleben.
1946 erschien die Zeitschrift Levensrecht erneut, und Engelschman engagierte sich jetzt auch im neu entstandenen Shakespeareclub, der später in Cultuur- en Ontspanningscentrum (COC, dt. „Kultur- und Freizeitzentrum“) umbenannt wurde. Zusammen mit Jaap van Leeuwen (1892–1978) führte Engelschman 1949 in den Niederlanden das Wort „homofilie“ ein.
Engelschman war bis Anfang der 1960er Jahre das öffentliche Gesicht des COC in den Niederlanden. Er war Leiter des Amsterdamer COC-Büros, Herausgeber der Vereinszeitschrift Vriendschap („Freundschaft“) und erster Vorsitzender des Vereins. Als er 1962 von seinen Ämtern zurücktrat, wurde er zum Ehrenvorsitzenden des COC ernannt.
Beruflich führte er seine Arbeit als Schauspieler und Theaterschauspieler bis zu seinem Tod fort. Engelschman trat auch in niederländischen Filmen und Fernsehserien auf.
Als posthume Ehrung führte das COC 1991 die Bob-Angelo-Medaille ein, die ihren Namen nach dem Pseudonym Engelschmans trägt. Seitdem wird diese Medaille an Personen oder Organisationen verliehen, die zur schwul-lesbischen Emanzipation beigetragen haben. Ebenfalls 1991 wurden in den Niederlanden mehrere Straßen und ein Park nach Engelschman benannt. Auch die Brücke über die Keizersgracht, die im Zentrum von Amsterdam zum Homomonument führt, heißt heute „Niek Engelschman Brücke“.
Weiterführende Literatur
Stokvis, Benno J. (1939): De homosexueelen. 35 autobiographieën. Lochem: De Tijdstroom, S. 49-53.
Warmerdam, Hans und Pieter Koenders (1987): Cultuur en Ontspanning. Het COC 1946–1966. Utrecht: Interfacultaire Werkgroep Homostudies.
Warmerdam, Hans (2002), Engelschman, Nico (1913–88), in: Aldrich, Robert und Garry Wotherspoon (Hrsg.): Who’s Who in Contemporary Gay & Lesbian History. From World War II to the Present Day. London/New York: Routledge, S. 124-126.
Warmerdam, Hans (2013): Engelschman, Nico (1913–1988), in: Biografisch Woordenboek van Nederland.