Magnus-Hirschfeld-Gesellschaft e.V. Forschungsstelle zur Geschichte der Sexualwissenschaft

Foto Nr. 31

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„Rolf“ alias Karl Meier (1897–1974), Schweiz

„Rolf“ alias Karl Meier

Karl Meier (eigentlich Rudolf Carl Rheiner) war ein Schweizer Schauspieler, der sich von 1943 bis 1967 als Herausgeber und Redaktor der weltweit bekannten dreisprachigen Homosexuellenzeitschrift Der Kreis einen Namen machte. Mit der homosexuellen Subkultur seiner Zeit war Karl Meier in den 1920er Jahren in Berlin gekommen. Er freundete sich hier mit Adolf Brand (1874–1945) an und publizierte zunächst einige Artikel in dessen Zeitschrift Der Eigene, später auch in der tschechoslowakischen Zeitschrift Hlas, dann im Schweizerischen Freundschafts-Banner und in Menschenrecht. Als Herausgeber des Kreis bediente er sich konsequent des Pseudonyms „Rolf“.

Nach „Larion Gyburc-Hall“ (Werner Schmitz) erntete „Rolf“ auf dem 1953er ICSE-Kongress „größten Beifall“ für seine „herzliche Aufmunterung zum Weiterstreben und Weiterkämpfen“, die all denen wie aus dem Herzen gesprochen gewesen sei, die „in Staaten und Rechtsordnungen zu leben gezwungen sind, die menschenunwürdig genannt werden müssen“. So war denn eins der nachdrücklichsten Erlebnisse und Ergebnisse „Gyburc-Halls“, die er seinem Bericht in der Zeitschrift Der Weg zufolge von dem Kongress mitgenommen hatte, das Gefühl: „Ihr seid nicht allein. Wir sind auch noch da. Wir helfen euch“.

Wie allein sich viele Homophile seinerzeit fühlten und wie sehr sie – selbst in „fortschrittlichen“ Staaten – befürchteten, dass sie kaum auf die Solidarität und Unterstützung der Heterosexuellen zählen konnten, sondern sich allenfalls auf die Hilfe untereinander verlassen mussten, belegt das Resümee „Rolfs“, der im Anschluss an den Amsterdamer ICSE-Kongress im Kreis plädierte: „Isolieren wir uns freiwillig und leben wir unser Leben einstweilen ruhig neben der Gesellschaft, die bestenfalls ein mitleidiges Achselzucken für uns übrig hat. Man muss auf die verlogene Konvention verzichten, bevor sie uns den Fusstritt gibt. Leben wir füreinander, miteinander – so wenig wie möglich nach aussen wahrnehmbar.“ Als Schweizer ging „Rolf“ davon aus, die Mehrheitsgesellschaft werde die homosexuelle Minderheit auch in hundert Jahren nicht verstehen oder tolerieren.

Weiterführende Literatur

Gyburg-Hall [sic!], Larion [d.i. Werner Schmitz] (1953): Bindet den Helm fester! Bericht über den 3. Internationalen Kongreß für sexuelle Gleichberechtigung vom 12.–14. September 1953 zu Amsterdam, in: Der Weg zu Freundschaft und Toleranz (Jg. 3), Nr. 10 (Oktober 1953), S. 4-7, hier S. 5 und 7.

Rolf [d.i. Karl Meier] (1953): Nachklang zum Internationalen Kongress, in: ICSE-Newsletter (November/Dezember 1953), S. 163-165.

Rolf [d.i. Karl Meier] (1953): Gedanken zum Internationalen Kongress in Amsterdam. 12.–14. September 1953, in: Der Kreis (Jg. 21), Nr. 10 (Oktober 1953), S. 2-4.

Rolf [d.i. Karl Meier] (1953): Beim Lesen notiert, in: Der Kreis (Jg. 21), Nr. 10 (Oktober 1953), S. 5-6.

Salathé, André (1996): Karl Meier „Rolf“ (1897–1974). Schauspieler, Regisseur, Herausgeber des „Kreis“, in: Thurgauer Köpfe (Bd. 1). Frauenfeld: Verlag des Historischen Vereins des Kantons Thurgau, S. 203-214.

Steinle, Karl-Heinz (1999): Der Kreis. Mitglieder, Künstler, Autoren (Hefte des Schwulen Museums, 2). Berlin: Verlag rosa Winkel, S. 5-17.