Foto Nr. 13
Hans Giese
Dr. med. et phil. Hans Giese war ein deutscher Mediziner und Sexualforscher. Im Zuge einer umfassenden wissenschaftlichen und publizistischen Tätigkeit wurde er „der einflussreichste Sexualwissenschaftler der Adenauer-Zeit“ im deutschen Sprachraum. Anfang der 1950er Jahre war er Direktor des Instituts für Sexualforschung in Frankfurt am Main. In seinem 1953er Vortrag auf dem Amsterdamer Kongress des ICSE sprach er über die Unterschiede im „homphilen Benehmen“ des Mannes und der Frau. Giese hielt wechselnde Beziehungen als kennzeichnend für den Mann und forderte eine feste Eheform auch für die Homophilen. Für derartige feste Verhältnisse forderte er gesellschaftliche Anerkennung, da er überzeugt war, die gesellschaftliche Ausgrenzung und Aberkennung führe zu Unbeständigkeit und Neurosen und schade damit der „Volksgesundheit“.
Insbesondere „Larion Gyburc-Hall“ (Werner Schmitz) war von Hans Gieses Ausführungen begeistert. In der Zeitschrift Der Weg lobte er „das großangelegte und in edler, auf jeden Überschwang verzichtenden Sprache dargebotene Referat” Gieses und betonte, dessen „These vom Rechtsgut der Homosexuellen“ sei in seinen Augen „der fruchtbarste Beitrag zu unseren deutschen Bemühungen um Änderung des augenblicklich geltenden (und doch so umstrittenen) Rechts“. Sie verdiene, näher interpretiert und ausgebaut zu werden.
Weiterführende Literatur
Dannecker, Martin (1997): Der unstillbare Wunsch nach Anerkennung. Homosexuellenpolitik in den fünfziger und sechziger Jahren, in: Grumbach, Detlef (Hrsg.): Was heißt hier schwul? Politik und Identitäten im Wandel. Hamburg: MännerschwarmSkript-Verlag, S. 27-44.
Dannecker, Martin (2009): Hans Giese (1920–1970). In: Sigusch, Volkmar und Günter Grau (Hrsg.): Personenlexikon der Sexualforschung. Frankfurt am Main/New York: Campus, S. 226-235.
Gyburg-Hall [sic!], Larion [d.i. Werner Schmitz] (1953): Bindet den Helm fester! Bericht über den 3. Internationalen Kongreß für sexuelle Gleichberechtigung vom 12.–14. September 1953 zu Amsterdam, in: Der Weg zu Freundschaft und Toleranz (Jg. 3), Nr. 10 (Oktober 1953), S. 4-7, hier S. 5.
Kühl, Richard (2023): Giese, Hans, in: Frankfurter Personenlexikon.
Liebeknecht, Moritz (2018): Sexualwissenschaft als Lebenswerk. Zur Biografie Hans Gieses (1920–1970), in: Initiative Queer Nations (Hrsg.): Jahrbuch Sexualitäten (Jg. 3), S. 111-132.
Liebeknecht, Moritz (2020): Wissen über Sex. Die deutsche Gesellschaft für Sexualforschung im Spannungsfeld westdeutscher Wandlungsprozesse (Hamburger Beiträge zur Sozial- und Zeitgeschichte, 60). Göttingen: Wallstein Verlag.
Sigusch, Volkmar (2008): Geschichte der Sexualwissenschaft. Frankfurt am Main/New York: Campus, S. 391-429.
Wolfert, Raimund (2015): Homosexuellenpolitik in der jungen Bundesrepublik. Kurt Hiller, Hans Giese und das Frankfurter Wissenschaftlich-humanitäre Komitee (hirschfeld-lectures, 8). Göttingen: Wallstein Verlag.