Magnus-Hirschfeld-Gesellschaft e.V. Forschungsstelle zur Geschichte der Sexualwissenschaft

Ferdinand Spohr, Verlagsbuchhändler

geb. 26.8.1856 (Braunschweig) gest. 18.5.1941 (Leipzig)

Zur Biografie

Ferdinand Spohr war ein jüngerer Bruder des Leipziger Verlegers Max Spohr (1850–1905), der 1897 zusammen mit Magnus Hirschfeld, Franz Joseph von Bülow (1861–1915) und Eduard Oberg (1858–1917) das Wissenschaftlich-humanitäre Komitee (WhK) gründete. Als Max Spohr 1903 an Krebs erkrankte, übergab er den Verlag seinem Bruder Ferdinand.

Ferdinand Spohr wurde 1856 in Braunschweig geboren. Seine Eltern waren der Kaufmann Karl Wilhelm Friedrich Spohr (1809–1876) und dessen Ehefrau Ferdinandine Lisette Lüttge (1813–1876). Das Ehepaar hatte vier Söhne. Ferdinand Spohr heiratete 1888 in Ostfriesland Maria Gesine Lindeboom (1864–1941), die Tochter eines Schiffskapitäns, und wurde Vater von vier Kindern. Als Ferdinand Spohr den Verlag seines Bruders übernahm, war er 47 Jahre alt. Bisher ist unbekannt, welchen Beruf er erlernt und welche Tätigkeiten er bis 1903 ausgeübt hatte. Offenbar war er mit seiner Frau und den beiden erstgeborenen Söhnen erst nach 1890 aus Ostfriesland nach Leipzig gezogen.

Ferdinand Spohr führte die bisherige Firma „Max Spohr“ ganz im Sinne seines Gründers fort. So erschien auch nach dem Tod Max Spohrs das Jahrbuch für sexuelle Zwischenstufen weiter in dem Verlag (es erschien von 1899 bis 1922), obwohl die Publikation wohl von Anfang an ein Verlustgeschäft war. Von den bis zu 2000 gedruckten Exemplaren wurden zeitweise nur etwa 100 abgesetzt und davon noch ein Großteil zum halben Preis an die Mitglieder des WhK. Zum Obmann des WhK wurde Ferdinand Spohr 1912 gewählt. 1917 gründete er auch den separaten „Verlag ‚Wahrheit’ Ferdinand Spohr”.

Vermutlich 1920 übertrug Ferdinand Spohr die Geschäftsleitung des „Max Spohr Verlags“ seinem jüngsten Sohn Rudolf Otto Günther Spohr (1892–?). Dieser wurde aber erst 1937 offizieller Inhaber des Unternehmens. Über die Geschäftstätigkeit von Vater und Sohn nach dem Ersten Weltkrieg ist heute nur wenig bekannt. Vermutlich konzentrierten sich die beiden auf den Betrieb ihrer Sortiments- und Antiquariatsabteilung, als Verleger neuer Titel haben sie sich nicht mehr besonders hervorgetan. Ab 1933 erlitt das Unternehmen erhebliche Verluste aufgrund der im „Dritten Reich” verhängten Bücherverbote.

1942 stellte das Unternehmen seinen Geschäftsbetrieb ein. Ferdinand Spohr war im Jahr zuvor verstorben, sein Sohn Rudolf gilt heute als im Zweiten Weltkrieg verschollen. Der „Max Spohr Verlag“ wurde am 6. August 1951 „von Amts wegen“ aus dem Handelsregister der Stadt Leipzig gelöscht.

Weiterführende Literatur

Lehmstedt, Mark (2002): Bücher für das „dritte Geschlecht“. Der Max Spohr Verlag in Leipzig. Verlagsgeschichte und Bibliographie (1881–1941) (Schriften und Zeugnisse zur Buchgeschichte 14). Wiesbaden: Harrassowitz Verlag, S. 14-16.