Magnus-Hirschfeld-Gesellschaft e.V. Forschungsstelle zur Geschichte der Sexualwissenschaft

Joseph Maria Schedel, Apotheker

geb. 10.1.1856 (Bamberg) gest. 7.4.1943 (Bamberg)

Zur Biografie

vergrößern
Joseph Schedel (o.J.). Fotograf: A. Farsari, Yokohama / Stadtarchiv Bamberg.
Joseph Maria Schedel wurde unehelich geboren. Seine Mutter Justina Wilhelmina Schedel (1837–1857) entstammte einer angesehenen Bamberger Advokatenfamilie, sein Vater Heinrich Heinkelmann (1807–1866) war ein angesehener Arzt in seiner Heimatstadt. Da seine Mutter schon kurz nach seiner Geburt starb, wurde Joseph Schedel von einer kinderlosen Wäscherin erzogen.

Nach dem Besuch des Gymnasiums begann Schedel eine Lehre als Apothekergehilfe. Er wurde früh Mitglied der „Naturforschenden Gesellschaft“ und gründete bald selbst die „Gesellschaft Naturfreund Bamberg“, die bis 1885 bestand. 1880 nahm er ein naturwissenschaftliches Studium in München auf, doch wechselte er bereits 1881 an die Universität in Kiel. Ein Jahr später wurde er hier chemisch-pharmazeutischer Assistent. 1884 verließ er die Universität und ließ sich in Charlottenburg bei Berlin als Apotheker nieder.

Im Herbst 1886 verließ Joseph Schedel Deutschland und begab sich nach Japan, um als Assistent der britischen Firma „Japan Dispensary Brett & Co“ tätig zu werden. Anschließend machte er sich selbstständig und betrieb die „Deutsche Apotheke“ in Yokohama, die als erste Apotheke ihrer Art in Japan ein großer Erfolg war. 1899 kehrte Schedel nach Deutschland zurück, blieb aber Eigentümer der Apotheke, um sich eine mögliche Rückkehr nach Japan zu sichern.

Joseph Schedel entfaltete in Deutschland eine rege Vortragstätigkeit über seine Erlebnisse in Japan und ließ sich 1900 in München nieder. Auch hier betrieb er wieder eine Apotheke, die er aber schon 1902 nach einem Erpressungsversuch wegen seiner Homosexualität aufgeben musste. In der Folge führte er ein Dasein als „Reiseapotheker“ vornehmlich in Ober- und Niederbayern.

1909 begab sich Joseph Schedel erneut auf große Reise, nachdem er sich auf eine Stellenanzeige für einen deutschen Apotheker in Tientsin (China) beworben hatte. Der Aufenthalt in China stand aber von Anfang an unter keinem guten Stern, da Schedel mittlerweile unter einer angegriffenen Gesundheit litt. Die Arbeitsbedingungen in Tientsin, Peking und dem Badeort Peitaiho (Beidaihe) behagten ihm auch nicht. Die Situation für ihn als Deutschen verschlechterte sich zudem durch den Ausbruch des Ersten Weltkriegs und die Kriegserklärung Chinas an Deutschland 1917. Als er an einem schweren Nervenleiden erkrankte, entschied sich Schedel, dem Berufsleben den Rücken zuzuwenden. Anfang 1922 kehrte er nach Deutschland zurück. Bis zu seinem Lebensende 1943 wohnte er zurückgezogen in seiner Geburtsstadt Bamberg.

Besondere Bedeutung kommt Joseph Schedel heute als Sammler von naturkundlichen Objekten, Kunstgegenständen und Ostasiatika zu, die er teilweise schon zu seinen Lebzeiten öffentlichen Einrichtungen in und außerhalb Bambergs zur Verfügung stellte.

Mit Magnus Hirschfeld und dem Wissenschaftlich-humanitären Komitee (WhK) trat Joseph Schedel 1899 in Kontakt, als er sich für einige Zeit in Berlin aufhielt. In München gründete er wenige Jahre später die erste bayerische Sektion des WhK, deren Vereinssitzungen unter seiner Leitung in seiner Privatwohnung stattfanden. Als Obmann des WhK wurde Joseph Schedel 1907, 1910 und 1920 genannt. Schedel stand nachweislich auch nach seiner erneuten Rückkehr nach Deutschland 1922 noch in Kontakt mit Magnus Hirschfeld, Adolf Brand (1874–1945) und anderen aus dem Umfeld des WhK.

Weiterführende Literatur

Hergemöller, Bernd-Ulrich. Hrsg. (2010): Mann für Mann. Biographisches Lexikon zur Geschichte von Freundesliebe und mannmännlicher Sexualität im deutschen Sprachraum. Berlin/Münster: Lit, S. 1027.

Holzammer, Markus (2003): Der Apotheker Joseph Schedel – Tagebücher aus Japan (1886–1899) und China (1909–1921). Stuttgart: Franz Steiner.

Zink, Robert (1988): Joseph Schedel (1856–1943). Ein Bamberger als Apotheker und Sammler in Ostasien (Ausstellungen des Stadtarchivs Bamberg, 4). Bamberg: Stadtarchiv.