Magnus-Hirschfeld-Gesellschaft e.V. Forschungsstelle zur Geschichte der Sexualwissenschaft

Michael von Muromzew, Ministerialsekretär

geb. 7.12.1894 (St. Petersburg, Russland) gest. 9.6.1959 (Berlin)

Zur Biografie

Zum Lebensweg Michael von Muromzews liegen kaum Angaben vor. Muromzew stammte gebürtig aus St. Petersburg. Er lebte in Berlin, war zeitweise Dolmetscher von Beruf und bekannte sich zur evangelischen Religion. Zum Obmann des Wissenschaftlich-humanitären Komitees (WhK) wurde er 1920 ernannt. Vermutlich 1925 hat sich Michael von Muromzew in Deutschland einbürgern lassen. Die Vertretung des Völkerbundes in Genf (Schweiz) bestätigte dem ehemaligen russischen Staatsangehörigen [von] Muromzew am 8. Januar 1925, dass er zur „Kategorie der russischen Flüchtlinge” gehöre.

Magnus Hirschfeld bezeichnet Michael von Muromzew in Von einst bis jetzt (1922/23) als „russischen Obmann” des WhK (ebd., S. 121). Das Berliner Adressbuch verzeichnet ihn 1927 als Kaufmann in der Eislebener Str. 15. Im gleichen Haus wohnte der Arzt Dr. med. Nikolaus Golobeff, dessen Tod Michael von Muromzew beim Standesamt anzeigte. Im Jahrbuch für sexuelle Zwischenstufen (1923, S. 180) heißt es, Michael von Muromzew habe aus Anlass der Jubiläumsfeier zum 25-jährigen Bestehen des WhK in einer „von dichterischem Schwung erfüllten” Ansprache die „sexuelle Not seiner Brüder” geschildert – gemeint war die Situation Homosexueller als Angehörige der „Ostvölker”. Einer der Anwesenden bei dieser Ansprache Michael von Muromzews war der homosexuelle russische Schriftsteller Sergej Nabokow (1900–1945), ein Bruder Wladimir Nabokows, von dem allerdings Hirschfeld schrieb, er sei Wladimir Nabokows „charmanter Sohn”.

Offenbar hat Michael von Muromzew Berlin und Deutschland spätestens Mitte der 1930er Jahre verlassen und ist nach Bulgarien gezogen. Die näheren Umstände sind noch unbekannt. Nach 1945 muss er dann jedoch nach Berlin zurückgekehrt sein. Michael von Muromzew starb am 9. Juni 1959 in (West-) Berlin und wurde wenig später auf dem russisch-orthodoxen Friedhof in Berlin-Tegel beigesetzt. Sein Grab ist heute leider nicht mehr erhalten.

Schriften (Auswahl)

Muromzew, Michael von (1923): Der Pathicus, in: Jahrbuch für sexuelle Zwischenstufen (Jg. 23), S. 46-57.

Weiterführende Literatur

Hirschfeld, Magnus (1986): Von einst bis jetzt. Geschichte einer homosexuellen Bewegung 1897–1922. Herausgegeben und mit einem Nachwort versehen von Manfred Herzer und James Steakley (Schriftenreihe der Magnus-Hirschfeld-Gesellschaft, 1). Berlin: Verlag rosa Winkel.