Magnus-Hirschfeld-Gesellschaft e.V. Forschungsstelle zur Geschichte der Sexualwissenschaft

Magnus Hirschfeld, San.-Rat Dr. med.

geb. 14.5.1868 (Kolberg, heute Kołobrzeg, Polen) gest. 14.5.1935 (Nizza, Frankreich)

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Magnus Hirschfeld wurde 1868 als Sohn des Arztes Hermann Hirschfeld (1825–1885) und dessen Ehefrau Friederike (geb. Mann, 1836–1905), in Kolberg (heute Kołobrzeg, Polen) geboren und starb 1935 im französischen Exil in Nizza. Von 1896 bis 1930 lebte er in Charlottenburg bzw. Berlin. Magnus Hirschfeld war Arzt, Sexualwissenschaftler und neben dem Betriebssekretär Eduard Oberg (1858–1917), dem Verleger Max Spohr (1850–1905) und dem früheren Offizier Franz Joseph von Bülow (1861–1915) Mitbegründer des Wissenschaftlich-humanitären Komitees (WhK) 1897. Er war Herausgeber der Zeitschrift für Sexualwissenschaft 1908, Mitbegründer der „Ärztlichen Gesellschaft für Sexualwissenschaft und Eugenik” 1913, Gründer des Instituts für Sexualwissenschaft in Berlin 1919 und Initiator der Weltliga für Sexualreform 1928.

Magnus Hirschfeld wurde 1907 vom WhK zum „Obmann auf Lebenszeit” gewählt. Der deutsch-amerikanische Schriftsteller und Propagandist George Sylvester Viereck (1884–1963) prägte 1931 die Bezeichnung „Einstein of Sex“ für ihn. Im Zuge seiner Diskreditierung als Jude, Sozialdemokrat und homosexueller Mann durch die Nationalsozialisten geriet Magnus Hirschfeld nach 1933 über Jahrzehnte fast in Vergessenheit. Sein Leben, sein Wirken und seine Leistungen als Pionier der Sexualaufklärung sind seit Anfang der 1980er Jahre wieder verstärkt in das öffentliche Bewusstsein gerückt.

Tabellarische Lebensdaten

14.5.1868 – Magnus Hirschfeld wird in Kolberg (heute Kołobrzeg, Polen) geboren

1887 – Philologiestudium in Breslau (heute Wrocław, Polen)

1888–92 – Medizinstudium in Straßburg, München, Heidelberg, Berlin

1892 – Promotion in Berlin Über Erkrankungen des Nervensystems im Gefolge der lnfluenza

1894 – Eröffnung einer naturheilkundlichen Arztpraxis in Magdeburg

1896 – Arztpraxis in Berlin/Charlottenburg, Redakteur der Wochenschrift Der Hausdoktor (bis 1900)

1897 – Gründung des WhK (bis 1929 Vorsitzender), erste Petition gegen den § 175 RStGB an den Deutschen Reichstag

1899–1923 – Herausgabe des Jahrbuchs für sexuelle Zwischenstufen

1903/04 – erste statistische Befragungen zur sexuellen Orientierung bei Studenten und Metallarbeitern

1908 – Herausgeber der Zeitschrift für Sexualwissenschaft

1910 – „Spezialarzt für nervöse und seelische Leiden” in Berlin

1912 – nachhaltige Begegnung mit Ernst Haeckel

1913 – Mitbegründer der Ärztlichen Gesellschaft für Sexualwissenschaft und Eugenik in Berlin

1914 – Veröffentlichung Die Homosexualität des Mannes und des Weibes

1914–18 – Kriegsteilnahme als Lazarett-Arzt

1918 – Gründung der Magnus-Hirschfeld-Stiftung

1919 – Eröffnung des Instituts für Sexualwissenschaft

1919 – beratende Mitarbeit am Homosexuellenfilm Richard Oswalds Anders als die Anderen

1920 – schwere Verletzungen nach einem Attentat „völkischer Rowdies” auf Hirschfeld nach einem Vortrag in München

1926 – Reise auf Einladung der Regierung der UdSSR nach Moskau und Leningrad

1931 – Weltreise durch Nordamerika, Asien und den Orient

1932 – Rückkehr nach Wien, Beginn seines Exils in Ascona/Schweiz

1933 – Schließung und Zerstörung seines Berliner Instituts, Versuch einer Institutsneugründung in Paris

1934 – Übersiedlung nach Nizza

14.5.1935 – Magnus Hirschfeld stirbt an seinem 67. Geburtstag in Nizza

Weiterführende Literatur

Dose, Ralf (2005): Magnus Hirschfeld. Deutscher – Jude – Weltbürger (Jüdische Miniaturen, 15). Teetz: Hentrich & Hentrich.

Ralf Dose (2014): Magnus Hirschfeld. The Origins of the Gay Liberation Movement. Translated by Edward Willis. New York: Monthly Review Press.

Hergemöller, Bernd-Ulrich. Hrsg. (2010): Mann für Mann. Biographisches Lexikon zur Geschichte von Freundesliebe und mannmännlicher Sexualität im deutschen Sprachraum. Berlin/Münster: Lit, S. 547-549.

Herrn, Rainer (2009): Magnus Hirschfeld, in: Sigusch, Volkmar und Günter Grau. Hrsg.: Personenlexikon der Sexualforschung. Frankfurt am Main, New York: Campus, S. 284-294.

Herzer, Manfred (2017): Magnus Hirschfeld und seine Zeit. Berlin: De Gruyter Oldenbourg.