Magnus-Hirschfeld-Gesellschaft e.V. Forschungsstelle zur Geschichte der Sexualwissenschaft

Felix Asnaourow, Pädagoge

geb. 6.6.1874 (Kol. Morgenthau, Russland) gest. nach 1944 (vermutlich in Buenos Aires, ARG)

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Felix Asnaourow, o.J. Editorial Claridad.
Die näheren Lebensumstände Felix Asnaourows sind nach wie vor unbekannt. In den wenigen Quellen, die zu ihm vorliegen, wird er als russisch-armenischer Pädagoge und Sexualwissenschaftler bezeichnet. Belegt ist, dass er mindestens einen Bruder namens Rafael hatte (Рафаил Моисеевич Азнаворианц), die Mutter hieß mit Vornamen Luise, und der Vater muss vor 1903 verstorben sein. Felix Asnaourow wurde 1874 in der Kolonie Morgenthau (Verwaltungsbezirk Samara) in Russland geboren. Sein eigentlicher Geburtsname war Wolfgang Amadeus Felician Asnaworian-Asnaourow. Insbesondere im deutschen Sprachraum bediente er sich aber in der Regel der „Kurzform“ seines Namens „Felix Asnaurow“ bzw. „Felix Asnaourow“. Er führte bisweilen den Titel eines Professors, doch war mit „Prof.“ die französische Bezeichnung für Lehrer gemeint.

Vermutlich war Felix Asnaourow jüdischer Herkunft, denn in russischsprachigen Quellen wird sein Name auch als Felix Moiseevich Asnaurov (Феликс Моисеевич Азнауров) wiedergegeben. Asnaourow bekannte sich zur evangelisch-lutherischen Religion. Er absolvierte das Lasarewsche Institut für orientalische Sprachen in Moskau und wurde zunächst als Erzieher der Kinder des russischen Palais-Kommandanten tätig. Später wurde er Oberlehrer („professeur”) an verschiedenen Gymnasien für Jungen und Mädchen, ab 1907 im Schweizerischen Genf. 1912 trat er eine Stelle als Lektor für Russisch, Türkisch und Persisch an der Universität Heidelberg an, bat aber schon im Mai 1913 aus gesundheitlichen Gründen um eine Beurlaubung. Offenbar nahm er seine Tätigkeiten in Heidelberg daraufhin nicht wieder auf, sondern kehrte nach Genf zurück.

Felix Ansaourow veröffentlichte seinerzeit mehrere populärwissenschaftliche Artikel und Broschüren zu Themen wie Masochismus und Sadismus vornehmlich auf Deutsch, und auf dem Ersten Internationalen Kongress für Sexualforschung, der vom 31. Oktober bis zum 2. November 1914 in Berlin stattfand, hielt er einen Vortrag unter dem Titel „Sexualanalyse und Psychoanalyse“. Felix Asnaourow stand der von Alfred Adler (1870–1937) geleiteten individualpsychologischen Bewegung nahe und war in Kontakt mit dem österreichischen Anarchisten Pierre Ramus (eigentlich Rudolf Großmann, 1882–1942).

1918 ließ sich Felix Asnaourow schließlich in Argentinien nieder. Hier lebte er zeitweise in San Juan und in Humahuaca. Im Juli 1937 war er Mitunterzeichner des Aufrufs Declaración inicial del Comité contra el Racismo y el Antisemitismo de la Argentina (Erste Erklärung des Argentinischen Komitees gegen Rassismus und Antisemitismus). Das letzte bislang bekannte Lebenszeichen Felix Asnaourows stammt aus dem Jahr 1945. Demnach wurde er im März 1944 als Fremdsprachenlehrer am „Colegio No. 3 Mariano Moreno“ in Buenos Aires tätig.

Schriften (Auswahl)

Asnaurow, Felix (1909): Passivität und Masochismus in der Kulturgeschichte Russlands, in: Sexual-Probleme. Zeitschrift für Sexualwissenschaft und Sexualpolitik (Jg. 5), Nr. 5, S. 801-808.

Asnaurow, Felix (1910): Algolagnie und Verbrechen, in: Archiv für Kriminalanthropologie und Kriminalistik, herausgegeben von Dr. Hans Gross in Graz, (Bd. 38), S. 289-297 [erschienen auch unter dem Titel „Passivisme et criminalité” in Archives d’Anthropologie criminelle, Lyon/Paris].

Asnaurow, Felix (1910): Die sexuelle Seuche in Russland, in: Sexual-Probleme. Zeitschrift für Sexualwissenschaft und Sexualpolitik (Jg. 6), Nr. 7, S. 497-503.

Asnaurow, Felix (1912): Der Selbstmord auf sexueller Basis, in: Zeitschrift für Sexualwissenschaft und Sexualpolitik, Nr. 8, S. 621-636.

Asnaourow, Felix (1913): Sadismus, Masochismus in Kultur und Erziehung (Schriften des Vereins für freie psychoanalytische Forschung 4), München: Verlag Reinhardt.

Asnaourow, Félix (o.J.): El Choque de Dos Mundos. Buenos Aires: Editorial Claridad.

Weiterführende Literatur und Quellen

Comité contra el Racismo y el Antisemitismo de la Argentina*. Declaración fundacional auf Nuestra Memoria, hier S. 103-105.